Kurzbiografie

Imam Chamenei:

Imam Sayyid Ali Chamenei ist seit 1989 das geistige Oberhaupt der Islamischen Republik Iran. Sein Leben: Eine Geschichte, geprägt von dem Islam und seinem revolutionären Geist.

Sayyid Ali Chamenei wurde am 19. April 1939 als Sohn einer Gelehrtenfamilie, welche direkt vom Prophetenenkel Imam Husain (a.) abstammt, in der heiligen Stadt Maschhad geboren und ist somit ein Sayyid. Sein Vater, Sayyid Dschawad Chamenei al-Hussaini, war einer der angesehenen Gelehrten der Stadt im Rang eines Mudschtahid. Seine Mutter Chadidscha Mirdamadi ist ebenfalls in einer Gelehrtenfamilie aufgewachsen. Und der Großvater Imam Chameneis war der in der Stadt Nadschaf lehrende Ayatullah Sayyid Husain Chamenei (r.). Die weiteren Vorfahren sind im Stammbaum Imam Chameneis aufgelistet. Imam Chamenei beschreibt die Zeit seiner Kindheit selbst so:

Die Zeit meiner Kindheit war unter sehr schweren Umständen, insbesondere weil die Zeit in die Jahre des Zweiten Weltkrieges fiel. Obwohl Maschhad zum Kriegsgebiet gehörte, waren die meisten Dinge im Vergleich zu den anderen Städten leichter zu erhalten und preiswerter. Weil aber unsere finanzielle Situation sehr schwierig war, konnten wir uns kein Weizenbrot leisten. In der Regel gab es bei uns Gerstenbrot. Manchmal wurde ein wenig Weizen hinzugemischt und ein Mischbrot gebacken. Ich bin im Armenviertel von Maschhad in einem Haus mit einem einzigen 60 oder 70 m2 großen Zimmer und einem dunklen Keller geboren und groß geworden. Da mein Vater der Gelehrte des Viertels war, hatten wir sehr viele Gäste. Wegen der räumlichen Enge in unserem Haus gingen wir Kinder bis zum Abschied der Gäste immer in den Keller. Nachdem uns die Bevölkerung des Viertels ein kleines benachbartes Grundstück vermacht hatte, bauten wir zwei Zimmer an unser Haus an und hatten somit drei Zimmer. Was die Kleidung betraf, lebten wir mit den gleichen Schwierigkeiten. Meine Mutter nähte etwas aus den alten Kleidern meines Vaters, damit wir es anziehen konnten.

Imam Chamenei

Imam Chamenei musste oft mit leerem Magen zu Bett gehen. Es war immer schwierig für seine Mutter gewesen, genügend Brot für die elfköpfige Familie zu bekommen. Sein Vater zog seinen einzigen Aba (religiöses Gewand) 40 Jahre lang an. Auch in besseren Zeiten bewahrte er seine Unabhängigkeit von materiellen Dingen: Als die Mutter einmal darum bat, die Jahrzehnte alten Gardinen in den drei Zimmern auszuwechseln, stimmte der Vater zu, allerdings bis auf die Gardinen in seinem eigenen Arbeitszimmer. Diese durften Zeit seines Lebens nicht ausgewechselt werden.

Mit vier bis fünf Jahren ging Imam Chamenei mit seinem älteren Bruder Sayyid Muhammad in eine Quran-Schule und wurde einige Jahre später in die religiöse Schule namens Haus der religiösen Ausbildung (Dar-ut-Talim-i-Diyanet).

Der noch junge Imam vorne im Bild

Nachdem Imam Chamenei sechs Jahre an dieser Schule gelernt hatte, erzielte er die Abschlüsse für die Grundschule, die Mittelstufe (heute Orientierungsstufe), und bereits innerhalb von 2 Jahren erhielt er den Oberstufen-Abschluss (entspricht einem Gymnasium vor der Oberstufe), weil er eine Klasse übersprang. Hierfür lernte er bis spät in die Nacht unter schweren Umständen. Da Imam Chamenei auch nach dem Abendgebet [salat-ul-maghrib] und Nachtgebet [salat-ul-ischa] lernen wollte, bat seine Mutter um zwei Petroleum-Lampen. Der Vater entgegnete, dass das reiche, was sie haben (nämlich nur Kerzen). Erst nach Drängen der Mutter wurden zwei Petroleum-Lampen gekauft. Sie existieren heute noch in diesem Haus.

Nach der Oberstufe wurde Imam Chamenei in die Schule Suleyman Khan (eine Mischung aus Oberstufe des Gymnasiums und Universität) eingeschrieben und begann sein Studium der arabischen Sprache und Sprachwissenschaft. Mit 14 Jahren las er bereits einige Meisterwerke der arabischen Sprache und nahm nun auch an dem Unterricht seines Vaters teil, den dieser für Gelehrtenschüler gab. Bis zum Abschluss seiner neuen Schule lernte er auch Fiqh (islamische Rechtswissenschaft), Usul-u-Fiqh (Prinzipien der Rechtsfindung), Logik [mantiq] und vieles mehr.

Nach einem Zwischenabschluss der Hochschule (vergleichbar dem Vordiplom) durfte Imam Chamenei mit 16 Jahren an dem exklusiven Unterricht über die letzte Stufe der Rechtsfindung in Fiqh (Darse Kharedsch) und Usul-ul-Fiqh von Ayatollah Milani teilnehmen. Es sei bemerkt, dass so große Gelehrte wie Ayatollah Milani ihre Schüler für einen derartigen Unterricht selbst aussuchen. Und es ist äußerst selten, dass ein Sechzehnjähriger an dem exklusiven Unterricht eines solch großen Gelehrten teilnehmen darf. Imam Chamenei nahm außerdem am Unterricht der großen Gelehrten Ayatollah Kazerulni und Ayatollah Mirza Dschavad Agha Tehrani im Bereich Philosophie teil.

Imam Chamenei bezieht den Erfolg während seiner Ausbildung auf die großen Mühen seines Vaters und beschreibt es so:

Mein Vater besaß ein sehr umfangreiches Wissen. Er unterrichtete mich seit meinen ersten Studien im Bereich der Islamwissenschaften. Aufgrund seiner großen Verbundenheit zu unserer islamischen Ausbildung und Erziehung unterrichtete er meinen älteren Bruder, mich und später auch meine jüngeren Geschwister selbst. Deshalb stehen wir alle, aber insbesondere ich, tief in seiner Schuld. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte ich zahlreiche Erfolge im Fiqh und Usul-ul-Fiqh nicht erringen können. Bevor ich nach Qum gegangen bin, nahm ich neben dem Unterricht meines Vaters auch an den öffentlichen Veranstaltungen an der religiösen Hochschule in Maschhad teil. In den Sommerferien erteilte uns unser Vater als Ersatz für die fehlenden öffentlichen Lehren nun zusätzliche Unterrichtsstunden.

Imam Chamenei

In seinem Vater sah Imam Chamenei immer den strengen und verantwortungsvollen und gleichzeitig liebenden Wegbereiter seiner Entwicklung, die von der liebevollen Mutter jederzeit unterstützt wurde.

In der Zeit des Schah-Regimes im Iran war Imam Chamenei ein aktiver Kämpfer für die Befreiung der Muslime. Den Beginn seiner politischen Laufbahn bringt Imam Chamenei selbst in Zusammenhang mit seiner Begegnung mit dem Gelehrten Nawab Safawi in den Jahren 1952-1953. Imam Chamenei selbst bezeichnet diese Hinwendung als „Führung durch eine verborgene Kraft“. Eines Tages hörte er die feurige Rede von Nawab in der Moschee. Darin erwähnte dieser, dass die Muslime erwachen und das Komplott und die Intrigen des Schahs und der Briten offen zur Sprache bringen müssten. Imam Chamenei hörte Nawab sagen: „Die Regierenden dieses Landes sind alle Lügner. Sie sind keine Muslime“. Seit dieser Zeit wuchs in Imam Chameneis Herz unaufhörlich die Hoffnung der Islamischen Revolution, und Imam Chamenei selbst äußerte, dass er diese Hoffnung dem gesegneten Nawab verdanke.

In den Jahren 1954-1955 begann im Iran ein aktiver Widerstand gegen das damalige Regime. Zu der Zeit war ein Mann namens Farruh als Provinzleiter nach Maschhad entsandt worden. Dieser Mann hatte überhaupt nichts mit dem Islam zu tun. Ursprünglich war es in der Stadt üblich gewesen, dass in den Monaten Muharram (erster und geschichtlich tragisch belasteter Monat im islamischen Mondkalender) und Safar (zweiter Monat) die Kinos in Maschhad geschlossen blieben. Der neue Gouverneur beschloss, die Kinos bereits am 14. Muharram wieder öffnen zu lassen, und erst nach massiven Protesten verlängerte er die Frist bis zum 20. Muharram. In dieser Zeit begann Imam Chamenei die Muslime während seiner Veranstaltungen dazu aufzufordern, Gutes zu gebieten und Schlechtes zu verwehren.

Vom Anfang seiner religiösen Hochschulausbildung an war Imam Chamenei sowohl Student als auch Lehrer. Insbesondere in seinen Jahren in Maschhad, also bis 1958, lehrte und lernte er gleichzeitig in den Fächern Sarf und Nahw (Morphologie und Syntax, d.h. Formen- und Satzlehre), Ma’ani (Stilistik), Bayan (Lehre vom Vergleich der Metapher), Usul-ul-Fiqh und Fiqh.

Im Jahr 1957 ging er zu Besuchszwecken für eine kurze Zeit nach Nadschaf, und die dortige Situation gefiel ihm nach eigenen Angaben so gut, dass er einige Zeit an der dortigen Hochschule bleiben wollte. In Nadschaf traf er so große Gelehrte wie Ayatollah Hakim, Ayatollah Khu’i, Ayatollah Schahrudi und viele andere mehr. Und nach Imam Chameneis eigenen Aussagen erfreute er sich am meisten der Lehren von Ayatollah Hakim, dem Vater der großen Gelehrtenfamilie im Irak (Gelehrte, wurden Jahre später von Saddam kaltblütig ermordet.).

Imam Chamenei bat seinen Vater in einem Brief um Erlaubnis, weiter in Nadschaf zu studieren, aber sein Vater war damit nicht einverstanden, so dass er zurückkehrte.

Imam Chamenei (links) mit seinem Vater (rechts)

Im Jahr 1958/59 schloss Imam Chamenei seine „Dars-e- Kharidsch“ (höchste Stufe der islamischen Ausbildung) bei seinem großen Lehrer Ayatollah Milani ab. Es ist kaum bekannt, dass ein anderer Gelehrter diese hohe Stufe der Lehre bereits mit 20 Jahren abgeschlossen hat.

Bald darauf ging er mit der Erlaubnis seines Vaters nach Qum. Dort lehrte und lernte er wiederum gleichzeitig. Hier hatte er so große Lehrer wie Ayatollah Borudscherdi, Ayatollah Scheich Murtaza Ha’eri und vor allem Imam Khomeini. Er verpasste keine Unterrichtsstunde von Imam Khomeinis Lehren über Fiqh und Usul-ul-Fiqh. Im philosophischen Bereich nahm er an den Vorlesungen von einem der größten Philosophen und Qur’an-Interpreten unserer Zeit Ayatollah Allamah Tabataba’i teil. Bereits 1960, also mit nur 21 Jahren war Imam Chamenei in der Gelehrtenstadt Qum nicht als Schüler, sondern vielmehr als ein angesehener Gelehrter bekannt.

Die politischen Aktivitäten der Schah-Gegner steigerten sich in der Zeit nach 1962. Die Gelehrten und Schüler der religiösen Hochschulen verbreiteten furchtlos und mit großer Aufrichtigkeit die Worte Imam Khomeinis (r.) und anderer großer Gelehrter im ganzen Volk. Imam Chamenei erhielt dabei sehr oft die schwierigsten Aufgaben übertragen. So sollte er unter anderem in der Stadt Birdschand, der Stadt des Regierungschefs des Schahs, eine Rede halten. Gleichzeitig war er der Vertraute von Imam Khomeini (r.), der einige sehr wichtige Briefe von diesem an Ayatollah Milani (r.) in Maschhad überbringen sollte, in denen er unter anderem zu einem Massaker des Schah-Regimes am Aschura-Tag Hussain (a.) in Kerbela Stellung nahm.

Am siebten Tag des Muharram im Jahr 1963 hielt der nun 24 jährige Imam Chamenei in der Feyziye Madrasa (islamische Hochschule von Qum) eine derart wirkungsvolle Rede gegen das Schah-Regime, dass die Agenten des Diktators ihn festnehmen wollten. Die ergriffene Menge umringte Imam Chamenei so dicht und so eng, dass die Agenten nicht durchkamen, und erfolglos blieben. Zwei Tage später stand Imam Chamenei wieder auf der Minbar (Kanzel) und hielt eine noch ergreifendere Rede. Dieses Mal wurde Imam Chamenei, nach einigen Berichten zum ersten Mal während seines unermüdlichen Einsatzes für die Revolution festgenommen. Er blieb jedoch aufgrund des enormen Druckes der Muslime auf das Schah-Regime nur für zehn Tage im Gefängnis. Kaum wieder auf freiem Fuß, sammelte er seine Schüler und organisierte die Aufklärung des Volkes durch weitere Vorlesungen und Vorträge.

Imam Chameneis Unerschrockenheit wird durch ein Ereignis sehr deutlich: Im Ramadan 1963 wurde der verhasste Ministerpräsident des Schahs namens Hassan Ali Mansur getötet. Imam Chamenei hielt gerade einen Unterricht über Qur’an-Tafsir (Qur’an-Auslegung), als die Nachricht erwähnt wurde, worauf die Schüler ein leises Salawat (Gruß an den Propheten) riefen. Daraufhin sagte Imam Chamenei deutlich zu seinen Schülern: „Heute ist Mansur getötet worden, ruft doch ein lautes Salawat“.

Bereits im darauf folgenden Ramadan, als er eine Rede anlässlich des Geburtstages von Imam Hassan (a.) gehalten hatte, wurde er wiederum vom berüchtigten Geheimdienst SAVAK festgenommen und in das schlimmste Gefängnis von Teheran deportiert, das den Namen „Qezel Qala“ (Rote Burg) trug. Dort wurde er nahezu zwei Monate lang auf die verschiedensten Arten gefoltert. Nach der Freilassung war seine erste Tat ein Besuch bei Imam Khomeini (r.), der zu dieser Zeit in einem anderen Gefängnis in Teheran gefangen gehalten wurde. Diese Unerschrockenheit und sein offener Einsatz für die Wahrheit führten dazu, dass Imam Chamenei in der Zeit von 1963 bis zum Sieg der Islamischen Revolution (1979) sechsmal festgenommen, insgesamt drei Jahre eingesperrt und sehr oft gefoltert wurde.

1964 verlor sein Vater aufgrund einer schweren Krankheit die Sehkraft. Mehrere Versuche, ihn zu heilen, schlugen fehl. Selbst der Versuch Imam Chameneis, seinen Vater durch die damals zumeist in Teheran befindlichen Spezialisten zu heilen, führten zu keinem Erfolg. So beschloss Imam Chamenei nach Maschhad zurückzukehren, um seinen Vater zu pflegen, obwohl ihn mehrere Gelehrte baten, in Qum zu bleiben.

Die Entscheidung fiel ihm sehr schwer. Würde er Qum verlassen, so würde ihm die Basis seiner Lehre und Weiterentwicklung entzogen werden. In diesem schweren Gewissenskonflikt wandte er sich an einen Gelehrten seines Vertrauens (dessen Namen er allerdings nicht nennt). Er schilderte ihm die Situation seines Vaters und die schwierige Entscheidung, vor der er steht. Der Gelehrte fragte ihn, ob nicht seine Geschwister die Pflege übernehmen könnten. Imam Chamenei bedauerte, dass diese nicht die Gelegenheit dazu hätten, und er es deshalb als seine Pflicht betrachte, seinen Vater zu pflegen. Darauf empfahl der Gelehrte ihm, seine von ihm so empfundene Pflicht zu erfüllen und den Rest Allah zu überlassen. Wenn er schon, um Allahs Willen zu erfüllen, nicht mehr in der Gelehrtenstadt Qum verbleiben könnte, so ist es für Allah doch leicht, die Möglichkeiten von Qum nach Maschhad zu bringen. Dementsprechend schlug der Gelehrte ihm vor, ein Abkommen mit Allah zu schließen: Wenn er um Allahs Willen seinen Vater pflegt und dafür gezwungenermaßen nach Maschhad fährt, dann sollte er Allah bitten, die Möglichkeiten von Qum für ihn nach Maschhad zu bringen. Diese Worte stärkten Imam Chameneis Entscheidung, und er kehrte mit seinem Vater zurück in ihr Haus in Maschhad. In einer Rede, nachdem er zum Imam-ul-Ummah ernannt worden war, führte er die zahllosen Gnaden Allahs in seinem Leben vor allem auf diese Entscheidung in seiner Jugend zurück; die Geschichte wurde von ihm im Zusammenhang einer Rede über die islamische Ehrung der Eltern erwähnt.

Zurück in seiner Heimatstadt lehrte er nun insbesondere in den Fächern Makasib (Erfolgslehre), Qiyafeh (Ausdruckskunde), Tafsir (Lehre der Auslegung) und Aqa’id (Erkenntnislehre/ Glaubensprinzipien). Einer seiner Schüler Hodschat-ul-Islam Amoli sagte sinngemäß zu Imam Chameneis Art zu lehren: „Seine Methode, uns Gelehrte zu erziehen, hatte 5 Prinzipien: Erstens gab er dem Schüler immer das Gefühl der Selbständigkeit und Gleichwertigkeit. Der einzige Unterschied (zwischen ihm und uns) war das Übermaß seines Wissens, seine besonderen Gedanken und sein überragendes moralisches Benehmen. Sonst hätte man während des Unterrichts den Professor von den Studenten nicht unterscheiden können, zumal er auch abwechselnd Sitzungsleiter gewählt hatte, so dass seine Studenten sich entwickeln konnten. Zweitens war er immer sehr bemüht, dass seine Schüler bei Entscheidungsprozessen nicht emotional gelenkt wurden, sondern fundiertes Wissen erreichten. Bei der Qur’an-Interpretation wurde Spontanität unterdrückt und die Forschungsfähigkeit unterstützt. Drittens war er selbst ein praktisches Vorbild für seine Schüler. Er hat immer mehr gehandelt als geredet. Viertens versuchte er seine Schüler immer in der Gemeinschaft und gemeinschaftlich zu erziehen, um Kooperation und kollektives Handeln zu fördern. Fünftens bemühte er sich, dass seine Schüler auch selbständiges Arbeiten lernten und ihren eigenen Anteil bzw. Einfluss bei gemeinschaftlichen Arbeiten hatten“. Es sei hier noch erwähnt, dass der Lehrer sich vom Alter her nur wenig von seinen Schülern unterschied.

Neben der Ausbildung von islamischen Gelehrten widmete sich Imam Chamenei auch sehr gerne den Kindern. Ein Moscheediener in Maschhad erzählte (sinngemäß übersetzt): „Die Kinder wurden nach der Ausbildung des Qur’an-Lesens belohnt. Die Besten erhielten einen Anzug oder ein Fahrrad (aus Spenden), und alle wurden beschenkt. Selbst ich habe als Analphabet durch das bloße Zuhören beim Unterricht mehr als die Hälfte des Qur’ans auswendig gelernt“.

Noch im gleichen Jahr (1964) wurde eine erste geheime Vereinigung der großen Gelehrten unter Mitwirkung von Imam Chamenei organisiert. Unter diesen großen Gelehrten waren Namen wie Ayatollah Meschkini, Schahid Ayatollah Quddusi, Ayatollah Rabbani Amlaschi, Ayatollah Rabbani Schirazi, Ayatollah Misbah Yazdi, Ayatollah Azeri Qummi, Ayatollah Ibrahim Amini Nadschafabadi und viele andere mehr. Imam Chamenei hätte damals der Sohn der meisten, ja sogar der Enkel einiger der Gelehrten sein können! Mit der Festnahme von Ayatollah Azeri Qummi im Jahr 1965 und der anschließenden Hausdurchsuchung gerieten alle Mitglieder der Vereinigung in zusätzliche Gefahr, konnten jedoch größtenteils entkommen.

Eine weitere Festnahme Imam Chameneis, dieses Mal für mehr als vier Monate, erfolgte 1969 nach dem Dahinscheiden von Ayatollah Hakim. Ein Jahr später (1970), als bei den so genannten 2500 Jahresfeierlichkeiten der Schah-Dynastie die Zentrale der elektrischen Stromversorgung explodierte, wurde Imam Chamenei wiederum festgenommen und dieses Mal viel stärker als zuvor erbarmungslos gefoltert. Doch aus Imam Chamenei war weder eine Information herauszubekommen, noch konnte seine Entschlossenheit gebrochen werden. Um den steigenden Druck der Bevölkerung nicht anzustacheln, hat das Schah-Regime ihn nach zwei Monaten wiederum freigelassen.

Bei einem seiner Gefangenschaften wurde er aus Sicherheitsgründen mit einer ganzen Kompanie (ca. 100 Soldaten) von Maschhad nach Birdschand verlegt. Die Bevölkerung von Birdschand brachte dem Gefangenen als Liebesbeweis so viel Speise, dass sich die ganze Kompanie davon ernähren konnte. Imam Chamenei sagte dazu: „Die Liebe der Bevölkerung war die schönste Erinnerung (an die Gefängniszeit)“.

Auch im Gefängnis gewann Imam Chamenei unerwartete Anhänger für die Islamische Revolution. Es gehörte zu der damaligen Zermürbungstaktik des Schah-Regimes, jeweils einen muslimischen Aktivisten mit einem Kommunisten in eine Zelle zu stecken. So erzählt ein kommunistischer Häftling der Schah-Zeit, wie er besorgt erlebte, dass auch in seine Zelle ein islamischer Gelehrter gebracht wurde. Er befürchtete, dass der Geistliche ihm das Leben mit den islamischen Reinheitsgeboten schwer machen würde. Aber nichts dergleichen geschah. Sie aßen zusammen, tranken aus dem vorhandenen Becher, und der Geistliche fiel, gemäß den Aussagen dieses Gefangenen, besonders durch seine Freundlichkeit und sein umfangreiches Wissen auch über den Kommunismus auf. Als der Geistliche entlassen werden sollte, bat der Kommunist ihn, einige Dinge zu erledigen. Der Kommunist glaubte nicht daran, dass der Geistliche seinen Bitten nachkommen würde. Doch nach seiner eigenen Entlassung musste er feststellen, dass alles, genau wie er es erbeten hatte, erfüllt worden war. So fand dieser ehemalige Kommunist nach eigenen Angaben zum Islam zurück. Der geistliche Zellennachbar war Imam Chamenei4 Materialismus annahm, er es nur deshalb tat, weil er den Islam nicht verstanden hatte. Deshalb versuchte Imam Chamenei – wie auch in diesem Fall – bei jeder Möglichkeit, die Menschen aufzuklären, auch wenn diese ungläubig schienen..

Bei einer seiner Freilassungen hatte Imam Chamenei aufgrund der erlittenen Folter im Gefängnis große Magenbeschwerden und konnte nichts essen. Sein Schüler, der ihn abgeholt hatte, hielt bei einem Obstgeschäft und kaufte, ohne Imam Chamenei zu fragen, ein Kilo Bananen als Magenberuhigung. Bananen waren damals ein Luxusartikel im Iran, da sie importiert werden mußten und waren deshalb sehr teuer. Als der Schüler seinem erkrankten Lehrer eine Banane anbot, fragte dieser nach dem Preis. Nachdem er den Preis erfahren hatte, fragte er rhetorisch nach: „Können die einfachen Leute sich auch so teures Obst leisten?“ Daraufhin verzichtete Imam Chamenei auf die Banane und gab sie zurück. Auch in einer körperlich geschwächten Situation versucht Imam Chamenei immer wieder seine Ideale vorbildhaft vorzuleben. Und er wollte in einer Situation der Armut des überwiegenden Teils der Bevölkerung nicht ein derartiges Luxus-Obst essen.

Imam Chamenei versucht heute, wie bereits auch früher, Vorbild in einer bescheidenen Lebensführung zu sein. Ein Schüler erzählte sinngemäß: In Maschhad hielt Imam Chamenei eine Spezialvorlesung bei sich zu Hause mit 5-6 vertrauten Schülern. Da es keinen Teppich im Haus gab, legten eines Tages die Schüler zusammen und kauften einen wertvollen Teppich als Geschenk für ihren Lehrer. Als Imam Chamenei den mitgebrachten Teppich sah, wurde er entgegen unserer Erwartung traurig und sagte zu uns: ‚Es wäre besser gewesen, wenn Sie mich vorher gefragt hätten. Solche Sachen passen nicht zu unserem Leben!‘ Um unsere gute Absicht dennoch anzuerkennen, empfahl er uns stattdessen ein oder zwei dick geknüpfte Kelims (einfache preisgünstige Teppiche) zu besorgen. Daraufhin haben wir den mitgebrachten Teppich zurückgebracht und für ein Zehntel des Preises drei Stück Kelims gekauft. Zerstückelte Teile dieser vor nahezu 30 Jahren gekauften Teppiche habe ich noch vor kurzem in seinem Haus gesehen. Und ein Bekannter von Imam Chamenei erzählte: „Wir haben vor der Islamischen Revolution einen Hängeleuchter bei ihm aufgehängt. Als Imam Chamenei nach Hause kam, fragte er: ‚Was soll das sein?‘ Er wurde betrübt und forderte uns auf, den Leuchter abzuhängen, sonst würde er nicht in das Haus kommen“.

Zum besseren Verständnis der Persönlichkeit Imam Chameneis soll nach diesen Beispielen die Frage aufgeworfen werden, ob er ein „Feind der Lebensgenüsse“ ist. Die Antwort lautet: Sicherlich nicht! Er ist vielmehr ein „Freund der Armen und Entbehrenden“! Er handelt nicht wie viele im Westen nach dem Motto „Brot für die Dritte Welt, aber die Wurst bleibt hier“. Imam Chameneis Ansicht ist, dass er sich mit einer einfachen Lebensweise bescheiden muß, solange es zahllose verarmte Menschen auf Erden gibt, die weder Wurst noch genügend andere Nahrungsmittel haben. Sein aktiver Einsatz für die Armen wird auch im folgenden Ereignis deutlich:

Die Gemeinschaft der Imam-Hassan-Moschee in Maschhad bat Imam Chamenei, die Leitung der Moschee zu übernehmen, und nach aufrichtigem Drängen der Gemeinschaft willigte Imam Chamenei ein, stellte allerdings auch eine sehr bedeutsame Bedingung: „Wenn auch nur ein Armer zur Moschee kommt, um zu betteln, dann werde ich die Moschee verlassen“. Imam Chamenei bestand darauf, dass die Moscheegemeinde keinen Bedürftigen vernachlässige, und die Bedürftigen sollten in ihren eigenen Heimen versorgt werden. Denn das Betteln verstößt gegen die Würde des Muslims und der muslimischen Gemeinde, die eine solche Armut zuläßt. Außerdem sollte dadurch sichergestellt werden, dass die Moschee nicht zum Bettelhaus herabgewürdigt wird. Die Gemeinde willigte ein und handelte danach.

Imam Chamenei selbst versuchte durch sehr fortschrittliche Entscheidungen, die Armut auf Dauer zu bekämpfen. Vor seiner Zeit in dieser Moschee war es üblich, die Zakat-ul-Fitr (Armenabgabe zum Ramadan-Fest) in Form von Lebensmitteln den Armen zukommen zu lassen, damit diese wenigstens einmal im Jahr ein reichhaltiges Festmahl genießen konnten. Imam Chamenei erklärte der Gemeinde, dass diese Form der Hilfe eher zur Abhängigkeit als zur Selbstversorgung führt. Daraufhin wurden die Spendengelder gesammelt, und die Gemeinde ermittelte die Bedürftigen, um ihnen ein Startkapital zur Selbstversorgung zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise wurde eine Schubkarre gekauft, mit deren Einsatz sich ein Bedürftiger Geld verdienen konnte.

Im Ramadan des Jahres 1970, also neun Jahre vor der Islamischen Revolution, hielt Imam Chamenei in einer Moschee in Maschad 25 Tage lang Reden über die Voraussetzungen, Bedingungen und Säulen der Revolution, wobei er u.a. über den „Aufstand (enqelab) der Gelehrten“ sprach. Damit war Imam Chamenei einer der ersten islamischen Gelehrten, der das Wort „enqelab“ (Revolution) öffentlich aussprach.

In der Imam-Hassan-Moschee begann Imam Chamenei wiederum auch mit seinem Tafsir-Unterricht (Lehre zur Auslegung des Qur’an). Große Gelehrte wie Schahid Ayatollah Motahhari (r.) und Schahid Ayatollah Dr. Bahonar5 (beide Opfer der iranischen Terrorgruppen „Forqan“ und „Volksmudschaheddin) waren nach eigenen Angaben bei ihren Reisen nach Maschhad sehr beeindruckt über seine Vorlesungen. Einmal hielt Ayatollah Motahhari (r.) bei seinem Besuch in Maschhad selbst einen Vortrag vor den Schülern von Imam Chamenei über die Vermischung von islamischen und nichtislamischen Aspekten in der Gesellschaft (siehe hierzu [9]). Nach der anschließenden Diskussion stellte er – sehr erfreut über den hohen Bildungsstand der Schüler – fest: „Es gibt viele Orte, in denen diese Feinheiten (des Wissens) nicht erkennbar sind, und diese Intelligenz nicht spürbar ist, und in Maschhad sind diese Erkenntnisse durch das segensreiche Wesen unseres verehrten Herrn Chamenei verbreitet“. Der gesegnete Ayatollah Taleghani (r.), der einflussreichste Ayatollah in Teheran vor und während der Islamischen Revolution, insbesondere in der Exilzeit von Imam Khomeini (r.), hatte schon damals festgestellt: „Seyyid Ali Chamenei ist die Hoffnung für die Zukunft. Wenn ihr nach Maschhad geht, dann besucht ihn unbedingt!“. Wie recht sollte er doch behalten.

1971 war das Ableben von Ayatollah Ha’eri (r.), dem Gründer der House Ilmi Qum (traditionsreiches Theologie-Zentrum) und Lehrer von Imam Khomeini (r.). Der große Ayatollah Ha’eri war es gewesen, der lange vor seinem Ableben Imam Chamenei, der damals noch nicht einmal 30 Jahre alt war, als „Experten des Islam in Begabung und Itschtihad (selbständige Rechtsfindung)“ bezeichnet hat.

1973 verbrachte Imam Chamenei wiederum mehrere Monate im Gefängnis. Zeuge der grausamen Folterungen damals war auch Muhammad Ali Radschai, der nach Absetzung von Bani Sadr zweiter Staatspräsident wurde. Am 27. Juni 1981 wurde Imam Chamenei Opfer eines Bombenanschlags der Terrororganisation „Volksmudschahedin“. Und er bestätigte, dass trotz brutaler Vorgehensweise, und obwohl der Geheimdienst mit allen Mitteln versuchte, Belastungsmaterial gegen Imam Khomeini (r.) zu sammeln, kein einziges Wort aus Imam Chamenei herauszubekommen war. Er sagte: „Ich war in Zelle Nummer 18 und Herr Chamenei war in Zelle 20. Wir hatten gelernt, uns durch Morsezeichen zu unterhalten. So klopfte ich Signale an meine Nachbarzelle, und dieser gab die Nachrichten jeweils weiter“.

In den nächsten Jahren erarbeitete Imam Chamenei mit mehreren Geistlichen einen Plan zur Gründung der Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit, aus der später die Islamisch-Republikanische Partei entstand.

Da Imam Chamenei, sobald er wieder auf freiem Fuß war, immer unverzüglich seine Aktivitäten aufnahm, wurde er dementsprechend immer wieder festgenommen. Nach einer weiteren Festnahme 1977 durfte er nicht nach Maschhad zurückkehren und wurde in die Stadt Iranschahr und Dschiroft (mit einer großen sunnitischen Gemeinde) verbannt, in der Hoffnung, ihn dort als schiitischen Gelehrten zu isolieren. Auch dort blieb Imam Chamenei seiner aufgeweckten Seele treu und engagierte sich in den islamischen Bewegungen. Durch seinen unermüdlichen Einsatz gelang es, die sunnitischen und schiitischen Gemeinden zur islamischen Einheit und zum einheitlichen Einsatz für den Islam zu gewinnen. Seine späteren Fatwas zum gemeinsamen Gebet von Sunniten und Schiiten sind ein Beleg für diesen unermüdlichen Einsatz zur Einheit der Muslime.

Im gleichen Jahr ereilte die Stadt Iranschahr eine fürchterliche Überschwemmung durch einen Wolkenbruch. Die Häuser wurden teilweise unter Schlammmassen begraben. Große Teile der Bevölkerung mussten obdachlos in der Wüste Zuflucht suchen. Imam Chamenei sammelte unverzüglich seine Schüler und organisierte eine sehr erfolgreiche Hilfsaktion. Die Organisation war derart effektiv und hilfreich, dass selbst der damalige SAVAK-Chef der Stadt zu seinen Mitarbeitern voller Neid sagte: „Ihr seid alle so faul und nutzlos. Seht nur, wie ein Verbannter in kürzester Zeit die Lage (für das Volk) verbessert hat.“ Ähnliche Erfolge erzielte Imam Chamenei bei einem Erdbeben in Ferdows.

Bei einer anderen Hilfeleistung nach dem Tabas-Erdbeben (nach der Islamischen Revolution) ereignete sich etwas Kurioses: Durch eine Verwechselung der Namen bei der Informationsweitergabe dachten die Leute in den Dörfern und Kleinstädten, dass Imam Khomeini persönlich anwesend sei. Daraufhin strömten die Massen nach Tabas um den verwechselten Imam Chamenei zu sehen. Als sie aber diese Verwechslung erkannten, erwiesen sie ihm die gleiche Ehre und Achtung, die sie für Imam Khomeini (r.) empfanden.

Von einer ähnlichen Verwechslung erfuhr Hodschat-ul-Islam Abu Turabi. Er ist einer derjenigen, der am längsten in irakischer Gefangenschaft waren. Heute ist er der Vertreter von Imam Chamenei bei der Organisation zur Hilfe für ehemalige Gefangene. Dadurch hat er viel Kontakt mit den Folteropfern aus den Gefängnissen im Irak. Einer dieser Opfer, namens Ali Golzadeh aus Babol (Nord-Iran), der zehn Jahre in den Gefangenenlagern Saddams war und zum Invaliden gefoltert wurde, erzählte ihm von einem Traum im Gefangenenlager: Er sah Imam Khomeini (r.) und Imam Chamenei beide hell erleuchtet. Er erkannte zwar, dass er diese beiden heiligen Personen vor sich hatte, aber durch die gleiche Helligkeit des Lichtes konnte er beide nicht voneinander unterscheiden. Beide schienen ihm gleich zu sein. Es sei vermerkt, dass dieser Traum aus einer Zeit stammt, in der die iranischen Gefangenen noch in irakischer Gefangenschaft waren.

Imam Chameneis Verbannung in die Provinz dauerte insgesamt ein Jahr. Auf Druck der Revolutionäre und mit der schwindenden Kontrolle des Schah-Regimes kehrte Imam Chamenei 1978 nach Maschhad zurück, wo er bis zum Sieg der Islamischen Revolution blieb.

In Maschhad organisierte Imam Chamenei 1978 die ersten gemeinschaftlichen Aktivitäten der Gelehrten. Hierfür konnten in Zusammenkünften die Gelehrten Ayatollah Rabbani Amlaschi (r.), Ayatollah Mowahhidiye Kermani (derzeitiger Parlamentsabgeodneter), Ayatollah Beheschti (r.) und Ayatollah Bahonar (r.) motiviert werden.

Imam Chamenei leitet ein Gemeinschaftsgebet. Hinter ihm in der ersten Reihe Ayatullah Beheschti.

Wie bereits erwähnt, ging bzw. blieb Imam Chamenei nach seinen jeweiligen Freilassungen immer wieder in Maschhad. Er stand auch dort unter der ständigen Kontrolle der Agenten des Schah-Geheimdienstes SAVAK. Dennoch führte er unaufhörlich seine eigenen Studien fort und unterrichtete inzwischen auch selber sehr umfangreich Fiqh und Usul-ul-Fiqh. Insbesondere seine Lehren zum Qur’an und zu Nahdschul-Balagha7 fanden gerade unter jugendlichen Schülern großes Interesse. Er selbst spezialisierte sich in seinen Studien u.a. auf die islamische Geschichte, insbesondere das Leben der Ahl-ul-Bait (auserwählte Nachkommenschaft des Propheten).

Ein Ziel von Imam Chameneis Lehrveranstaltungen bestand auch darin, diejenigen kennenzulernen, die gottesehrfürchtig und zuverlässig waren, um sie in die islamischen Aktivitäten einbinden zu können. So überprüfte er das Verhalten seiner Schüler auch in ihrer Selbständigkeit. Einmal hatte Imam Chamenei einen großen Qur’an Rezitator aus Ägypten eingeladen. Imam Chamenei, kündigte an, selbst nicht anwesend zu sein, um einen offiziellen Charakter zu vermeiden und beauftragte seine Schüler, die Sitzung durchzuführen. Am nächsten Tag fragte er seine Schüler, warum sie selbst nicht so schön gelesen hätten, wie sonst? Auf die Frage, woher er das wisse, ohne anwesend gewesen zu sein, erwiderte Imam Chamenei, dass er stillschweigend in einer Ecke der Moschee gesessen und sie beobachtet habe.

Imam Chamenei förderte Qur’an-Veranstaltungen und Lesesitzungen. Bei einer Sitzung gab es ein Ereignis zum Schmunzeln: Ein begnadeter Leser las den Qur’an derart herzvoll, dass er die Zuhörer begeisterte. Nach jedem Vers ertönte als Lob „Allah, Allah“, oder „Allah yaftahu alaik“ (möge Allah dir eröffnen) und „Allah yazidak“ (möge Allah dich mehren). Ein als ständiger Störenfried der Moschee bekannter Mann kam zu Imam Chamenei und sagte in seiner Unkenntnis der arabischen Sprache: „Wie kann es sein, dass man Yazid an Imam Hussain (a.) in dieser Moschee grüßt? Es wäre doch notwendig, ihn zu beschimpfen“. Imam Chamenei antwortete ihm sinngemäß: Seien Sie unbesorgt, die Menschen meinen, ‚möge Allah Yazid verfluchen‘.

Um Imam Chamenei von seinen Schülern zu isolieren, verbot die SAVAK ihm immer wieder die Lehrveranstaltungen und stellte ihn unter Hausarrest. Auch die Veröffentlichung seines Buches „Die Zukunft gehört dem Islam“ führte zu zahlreichen Festnahmen von Verlegern und Druckern.

Unter seinen Werken befinden sich zahlreiche von der SAVAK verbotene Schriften:

  • Die Zukunft gehört dem Islam
  • Die Muslime in der indischen Befreiungsbewegung
  • Eine kritische Betrachtung der westlichen Zivilisation
  • Die größte Heldentat der Geschichte – Das Friedensabkommen von Imam Hassan (a.)
  • Die Grundlage der islamischen Denkweise im Qur’an
  • Die Tiefen der täglichen Gebete (Gottesdienste)
  • Die wahre Bedeutung des Islams
  • Das Leben von Imam Sadiq (a.)
  • Lehren aus „Nahdschul-Balagha“
  • Dschihad (Vorlesung seines Exklusiv-Unterrichts)
  • Das Licht der Führerschaft (Wilayah)
  • Fragen und Antworten in fünf Bänden
  • Die vier Hauptwerke des Ilm-i-Ridschal (Die Lehre der Persönlichkeiten)
  • Die Lichtstrahlen
  • Die feindlichen Gruppen gegen die Imame und die islamische Revolution

und das Werk: „Unsere Situation“, welches Imam Chamenei gemeinsam mit Schahid Ayatollah Beheschti (r.), Schahid Dr. Bahonar (r.) und Hodschat-ul-Islam Rafsandschani verfaßt hat. Darüberhinaus schreiben seine Anhänger nach und nach immer mehr seiner Vorlesungsmitschnitte vom Tonband ab und veröffentlichen diese, z.B. das Buch über Sabr (Geduld, Standhaftigkeit).

In den entscheidenden Tagen während der Islamischen Revolution wurde Imam Chamenei auf Vorschlag von Ayatollah Motahhari (r.) in den von Imam Khomeini (r.) gegründeten Revolutionsrat aufgenommen. Dazu sagte Imam Chamenei später: „Der gesegnete Ayatollah Motahhari hat mich unzählige Male in Maschhad angerufen und mich gebeten, nach Teheran zu kommen. Aber aufgrund der großen Aufgaben in Maschhad und der hohen Verantwortung, die auf mir lastete, habe ich es nicht geschafft, nach Teheran zu kommen. Als ich aber den Befehl des damals in Paris befindlichen Imam Khomeini (r.) erhielt, nach Teheran zu wechseln, habe ich Maschhad verlassen. In Teheran angekommen sollte ich an einer Veranstaltung im Haus von Ayatollah Motahhari teilnehmen. Dort waren alle Mitglieder des Revolutionsrates, Ayatollah Musawi Ardabili, Dr. Bahonar (r.) und Hodschat-ul-Islam Rafsandschani anwesend. Auf dieser Veranstaltung erfuhr ich, dass auch ich Mitglied des Revolutionsrates bin; ich hatte vorher nichts davon gewußt.“ Imam Chamenei war der einzige in Abwesenheit zum Mitglied ernannte Gelehrte des Revolutionsrates.

Bei der Übersiedlung nach Teheran stellte Imam Chamenei sein Haus in Maschhad seinem Bruder zur Verfügung mit der Bitte, es für ihn zu verkaufen. Der daraufhin beauftragte Makler schlug vor, das Haus erst äußerlich zu renovieren und es dann zu verkaufen, um einen größeren Gewinn zu erzielen. Imam Chamenei lehnte diesen Vorschlag ab und bestand darauf, das Haus im bestehenden Zustand zu verkaufen und es auf keinen Fall zu renovieren, weil so eine äußerliche Renovierung einem Betrug entspräche. Der Makler kommentierte diesen Entschluss mit den Worten: „So einen Typ habe ich noch nie gesehen. Er kann doch sein Haus nicht in so einem äußeren Zustand verkaufen“. Doch ein ausschließlich auf materiellen Gewinn ausgerichtetes Denken widerspricht Imam Chameneis Lebensweise. Tatsächlich fand sich kein Käufer für das Haus, so dass Imam Chameneis Bruder das Haus übernahm und lange Zeit selbst darin wohnte.

In der Zeit, als der Sieg der Islamischen Revolution nahte, hatte Imam Chamenei die verantwortungsvolle Aufgabe, die Worte und Botschaften von Imam Khomeini (r.) dem Volk zu übermitteln und der Propaganda der Feinde entgegenzuwirken. Er leitete diese Aufgabe aus einer religiösen Schule, der Rafah Madrasa (Schule des Heils) in Teheran.

Kurz vor dem Sieg der Islamischen Revolution galt es noch, eine sehr große Gefahr abzuwenden. Rund 500 Kommunisten hatten sich in der General Motors Fabrik auf dem Weg nach Karadsch (nahe bei Teheran) versammelt und formiert. Bei ihnen waren auch viele Arbeiter, die zwar ideologisch keineswegs kommunistisch orientiert waren, aber durch die Forderungen der Kommunisten angezogen wurden. Zwar wären die Kommunisten auf sich selbst gestellt insgesamt chancenlos gewesen, aber das untergehende Schah-Regime sah in der heimlichen Unterstützung dieser Islamfeinde eine Chance, als lachender Dritter weiter überleben zu können. Durch verteilte Flugblätter wurden weitere Arbeiter aufgefordert, zur Fabrik zu kommen. Die Nachricht von dieser Versammlung erreichte auch das islamische Zentrum in der Rafah Madrasa. Mehrere Gelehrte des Zentrums fuhren zur Fabrik, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen, aber außer der Feststellung, dass die Arbeiter angefangen hatten, sich zu bewaffnen, konnten sie nichts ausrichten.

Imam Chamenei, im Bewusstsein der großen Gefahr für die Islamische Revolution, nahm nun die Verantwortung auf seine eigene Schultern. Er fuhr mit einer Reihe seiner Schüler zum Ort des Geschehens. Sie kamen am Nachmittag in der Fabrik an. Nach vielen Diskussionen und schweren Auseinandersetzungen erreichte Imam Chamenei das Podium, übernahm das Mikrofon und begann auf die Vielzahl der Fragen, die im Zusammenhang mit der bevorstehenden Islamischen Revolution gestellt wurden, zu antworten. Dabei verurteilte er unerschrocken die kommunistische Ideologie. Die Kommunisten, die ihre Position schwinden sahen, fingen an, laut ihre Märsche zu singen, um die Rede von Imam Chamenei zu stören. Diese Auseinandersetzung dauerte bis zur Zeit des Abendgebets. Als es anfing dunkel zu werden, unterbrachen die Kommunisten die Stromversorgung. Um in diesem Durcheinander die Muslime und diejenigen, die zumindest ein Mindestmaß an Glauben hatten, von denjenigen zu trennen, die offen dem gottlosen Kommunismus anhingen, riefen die Muslime den Azan (Gebetsruf) und sammelten sich im Garten der Fabrik zum Abendgebet. Die Entwirrung der Situation dauerte über zwei Stunden, bis dann endlich die Gläubigen unter der Leitung von Imam Chamenei im Garten ihr Abendgebet verrichteten. Die Mehrzahl der Arbeiter schloss sich dem Gebet an, so dass das geplante Komplott der Kommunisten ins Leere lief. Nach dem Gebet, so wird berichtet, hat Imam Chamenei sieben Stunden lang auf die Arbeiter eingeredet und ihnen den Sinn und die Ziele der Islamischen Revolution nahe gebracht. Am darauf folgenden Morgen wurden die Kommunisten von der Mehrzahl der Arbeiter vom Fabrikgelände verjagt. Somit wurde eine weitere Gefahr für den Sieg der Islamischen Revolution gebannt.

Nach dem Sieg der Islamischen Revolution war Imam Chamenei unter anderem:

  • der persönliche Vertreter von Imam Khomeini (r.) im Hohen Verteidigungsrat (März 1979)
  • der Vertreter des Hohen Revolutionsrats im Verteidigungsministerium und Stellvertretender Verteidigungsminister (10.8.1979)
  • Kommandeur des Korps der Revolutionswächter (1.12.1979),
  • Berater Imam Khomeinis (r.) im Obersten Verteidigungsrat (11.5.1980),
  • Staatspräsident (3.10.1981)
  • Generalsekretär der Islamisch Republikanischen Partei
  • Mitglied des von Imam Khomeini (r.) ernannten Verfassungsreform-Ausschusses (25.4.1989)
  • Freitags-Imam von Teheran (seit dem 19.1.1980).

Unmittelbar nach dem Sieg der Islamischen Revolution und der anschließenden Befreiung des Radio-Senders war der erste ausgestrahlte Beitrag (am 11.2.1979) ein Artikel von Imam Chamenei mit dem Titel: „Pas as nochustin piruzi“ (nach dem ersten Sieg). Es war ein Artikel aus einer vorrevolutionären Zeitschrift. Imam Chamenei hatte bereits frühzeitig für die Zeit nach dem Sieg der Islamischen Revolution vorgearbeitet.

Am 15.3.1980 wurde Imam Chamenei mit ca. 1,4 Millionen Stimmen zum Parlamentsabgeordneten für den Bezirk Teheran gewählt. Kein Parlamentsabgeordneter hat bis heute jemals wieder so viele Stimmen auf sich vereinigen können, und das obwohl es heute mehr als doppelt so viele Stimmberechtigte im Iran und auch in Teheran gibt.

Zum Staatspräsidenten wurde Imam Chamenei am 3. Oktober 1981 mit 16.846.966 Stimmen, also ca. 95 % der abgegebenen Stimmen gewählt. Imam Chamenei selbst war gegen seine eigene Wahl gewesen. Er war gerade erst aus dem Krankenhaus entlassen, da wurde er darüber aufgeklärt, dass in der schwierigen Situation der Revolution kein anderer die Verantwortung übernehmen würde und könnte. Bei seiner Wiederwahl war es anders, es gab namhafte Gegenkandidaten, die frühzeitig ihre Kandidatur bekannt gaben und entsprechend für ihre Wahl warben. Imam Chamenei selbst wollte gar nicht kandidieren. Bis zuletzt hielt er seine Kandidatur zurück und warb auch nicht für seine Wiederwahl. Aber Imam Khomeini (r.) selbst wies seinen Schüler darauf hin, dass es seine Verpflichtung sei, zu kandidieren. Er sagte: „Es ist Ihre Pflicht. Das heißt, es ist keine Pflicht, die man an einen anderen delegieren könnte (wadschib-e-kefa’i), es ist Ihre ganz spezifische Pflicht (wadschib-e aini)“. Und aufgrund dieser Aussage seines geliebten Lehrers mochte Imam Chamenei die Last der Verantwortung nicht von seinen Schultern abwerfen. Kurz vor Anmeldeschluss kandidierte er. Auch bei dieser zweiten Nominierung wurde er am 20.8.1985 mit einer überwältigenden Mehrheit wiedergewählt. Die Gegenkandidaten waren absolut chancenlos. Seine erste Auslandsreise führte ihn Anfang September 1984 nach Syrien, wo er unter anderem die Zaynabiyya besuchte.

Imam Chamenei wurde am 19.1.1980 durch Imam Khomeini (r.) zum Freitagsgebets-Imam von Teheran ernannt. Diese Ernennung hatte einen Nebeneffekt, der einigen Beobachtern nicht besonders auffiel und später teilweise sogar vergessen wurde. Vor seiner Ernennung zum Freitags-Imam hatte Imam Chamenei den Rang eines hohen Gelehrten erlangt und wurde im ganzen Land als „Ayatollah“ betitelt. In allen Veröffentlichungen von ihm, die bis zu diesem Zeitpunkt von der Islamisch Republikanischen Partei herausgebracht wurden, war als Autor „Ustad Ayatollah Chamenei“ angegeben. Das Ernennungsschreiben von Imam Chomeini an seinen großen Schüler war aber an „Hodschat-ul-Islam“ Chamenei gerichtet. Imam Chomeini wollte möglicherweise zum einen seinen Schüler testen, und zum anderen ist es durchaus üblich, dass ein höher stehender Ayatollah, seinen eigenen Schüler mit einem niedrigeren Titel anspricht, auch wenn dieser selbst schon ein großer Gelehrter ist. Wie auch immer, führte dieses Schreiben dazu, dass fortan Imam Chamenei selbst die Bezeichnung „Ayatollah“ im Zusammenhang mit seinem Namen nicht mehr zuließ! Als er neun Jahre später zum Imam-ul-Ummah ernannt wurde, haben die Gelehrten des Landes ihn gegen seinen Willen wiederum mit „Ayatollah“ betitelt, wobei er diesmal nichts mehr dagegen unternehmen konnte. 1981 überlebte er den Furqan-Anschlag.

Bis zum 29.7.1995 hat Imam Chamenei das Freitagsgebet [salat-ul-dschuma] in Teheran 209 mal geleitet. Und die Festgebete wurden seither alle von ihm geleitet mit einer Ausnahme, als er im Krankenhaus lag.

Imam Chamenei im Krankenhaus

Nach dem Ableben Imam Chomeinis wurde er durch die Expertenversammlung [madschlis-e-chobregaan] zum Oberhaupt der Islamische Republik Iran gewählt.

Durch zwei Anschläge, gegen seine Person, die er überlebt hat, haben seine Anhänger ihm den Titel Lebender Märtyrer gegeben.

Einmal im Jahr führt Imam Chamenei die Entstaubungszeremonie beim Grab Imam Ali Ridhas (a.) durch. Regelmäßig führt er Besuche von Märtyrerfamilien durch. Bei einem Besuch erhielt er Fatimas Botschaft an Imam Chamenei. Im Januar 2015 richtete er einen Brief an die Jugend in Europa und Nordamerika. Im November 2015 folgte bereits der zweite Brief Imam Chameneis an die Jugend im Westen.

Imam Chamenei ist ist seit 1964 n.Chr. Jahren mit Mansura Chudschasta Baqirzadeh verheiratet und Vater von sechs Kindern. Er hat vier Söhne und zwei Töchter. Sie heißen (in Altersreihenfolge): Sayid Mustafa, Sayid Mudschtaba, Sayid Masud, Sayid Maitham, Sayida Huda und Sayida Buschra.

Der Islamische Weg e.V. war der erste Verein, der in den 1990er Jahren ein deutschsprachiges Lied zum Thema komponiert, getextet und auf damals üblichen Audio-Kassetten veröffentlicht hat.

Im Jahr 2017 wurde erstmals Imam Chomeinis Foto für Imam Chamenei veröffentlicht, welches die besonders innige Beziehung der beiden verdeutlicht. In der Frage zu Massenvernichtungswaffen hat Imam Chameneis Rechturteil gegen Atomwaffen ein klare Position verdeutlicht.