Imam Chamenei spricht zu Abgeordneten des Islamischen Parlaments






Am 11. Juni 2025 hielt Imam Chamenei, bei seinem jährlichen Treffen mit den Mitgliedern der Islamischen Beratenden Versammlung, dem iranischen Parlament, eine Rede. Es folgt die sinngemäße Übersetzung der Rede aus dem persischen Original. Obwohl es für alle hier veröffentlichten Texte gilt, wird darauf verwiesen, dass die Übersetzung zu Dokumentationszwecken ohne jegliche Kommentierung erfolgt und die dargestellte Meinung nicht mit der Meinung der Herausgeber übereinstimmen muss.
Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Begnadenden
Aller Dank ist Allahs, des Herrn der Welten, und der Frieden und Segen seien mit unserem Meister und Propheten Abul Qasim al-Mustafa Muhammad und seiner reinen, fehlerlosen und auserwählten Familie und insbesondere mit dem Verbliebenen Allahs auf Erden (Baqiyyatullah, Imam Mahdi).
Herzlich willkommen, liebe Brüder, liebe Schwestern, ehrenwerte Vertreter des großen und edlen iranischen Volkes im Islamischen Parlament. Zunächst gratuliere ich Ihnen zum Fest von Ghadir. Wahrlich, es ist ein großer Feiertag für die gesamte islamische Welt. Die Inhalte, die im Ereignis von Ghadir beachtet werden sollten, sind sehr weitreichend und führen zu einem tieferen Verständnis des Islams. Es geht nicht nur darum, dass der Fürst der Gläubigen zur Führung ernannt wurde. Auch viele andere bedeutende Konzepte sind darin enthalten. Ebenso gratuliere ich auch zur Geburt von Imam Hadi, Friede sei mit ihm.
Über das ehrenwerte und bedeutende islamische Parlament ist bereits vieles gesagt worden, sowohl von mir als auch von anderen. Und nun, Gott sei Dank, mit dem ausführlichen Bericht von Herrn Qalibaf – dem wir auch zur Übernahme des Vorsitzes gratulieren –, wurden wirklich alle oder viele der notwendigen Punkte angesprochen, sowohl in dieser Darstellung als auch in anderen Reden. Auch ich möchte nun einige Sätze hinzufügen.
Die Würde des Parlaments, die Stellung des Parlaments, beruht auf der Würde des Gesetzes. Das, was dem gesetzgebenden Parlament Wert verleiht und ihm eine ehrwürdige und bedeutende Stellung verschafft, ist die Gesetzgebung, denn das Gesetz ist die Hauptgrundlage des gesellschaftlichen Lebens. Das Gesetz ist die unverzichtbare Bedingung für gesellschaftliches Leben und soziale Existenz. Diese Aufgabe erfüllt das Parlament, und genau darin besteht auch die hauptsächliche Bedeutung des Parlaments.
Natürlich hat das Gesetz selbst große Bedeutung, doch aus Sicht der Vernunft gilt: Ein Gesetz ist dann besonders glaubwürdig, wenn es auf kollektiver Vernunft beruht. Im Laufe der Geschichte gab es viele Gesetze – manche davon waren gut, an sich nicht schlecht –, aber sie gingen aus dem Kopf eines Einzelnen hervor. Das berühmte „Yassa von Dschingis Khan“ ist ein Beispiel dafür. Es wurden sehr wirkungsvolle und strenge Gesetze erlassen, nach denen die Menschen auch handelten, doch aus Sicht vernünftiger Menschen hat ein Gesetz, das nur aus dem Geist eines Einzelnen stammt, nicht denselben Wert wie ein Gesetz, das durch kollektive Vernunft zustande kommt.
Wenn diese kollektive Vernunft dann noch ein weiteres Merkmal besitzt, nämlich dass die Gruppe, die dieses Gesetz formuliert hat – Träger der Vernunft –, auch Vertreter des Volkes sind, dann bedeutet das, dass in Wirklichkeit ein Volk selbst das Gesetz erlässt und dann ist der Wert dieses Gesetzes natürlich umso höher. Die rechtliche Gültigkeit des gesetzgebenden Parlaments stützt sich genau darauf: Erstens ist es gesetzgebend, zweitens basiert seine Gesetzgebung auf kollektiver Vernunft, und drittens ist diese Gruppe vom Volk gewählt. Das Volk hat überlegt, diese Gruppe gewählt und mit Mehrheitsentscheidung ins Parlament entsandt.
Nun, das ist die rechtliche Stellung des gesetzgebenden Parlaments. Doch neben dieser rechtlichen Stellung gibt es auch eine weitere Ebene der Bewertung, die man ebenfalls berücksichtigen muss, nämlich die wahre Stellung und das wahre Gewicht eines Parlaments. Gut, wir verstehen, dass die gesetzgebenden Parlamente in den Demokratien der Welt aus Sicht der Vernunft diesen gewissen rechtlichen Stellenwert haben, aber haben sie auch alle dasselbe wahrhaftige Gewicht? Vom rechtlichen Standpunkt aus gesehen mögen sie gleich sein, aber sind sie auch in Wahrheit gleich? Nein. Ein Parlament, das sich auf die Offenbarung, auf die Religion stützt, das aus redlichen, überzeugten, gottesehrfürchtigen Menschen besteht, ist nicht gleichzusetzen mit einem Parlament, das aus gleichgültigen, verantwortungslosen Menschen besteht – auch wenn sie aus irgendeinem Grund in ihrem Land gewählt worden sind, aber sie sind keine edlen Menschen, keine herausragenden Persönlichkeiten. Sie sind nicht einmal Menschen, denen man in einer privaten Angelegenheit vertrauen könnte, geschweige denn in gesellschaftlichen und öffentlichen Belangen.
Ein Parlament, das aus solchen Menschen besteht, unterscheidet sich in seinem wahren Gewicht grundlegend von einem Parlament, das aus tugendhaften und gottesehrfürchtigen Menschen besteht. Der Unterschied ist wie der zwischen Erde und Himmel. Oder nehmen wir ein Parlament, dessen ganzes Streben darauf ausgerichtet ist, der Gerechtigkeit zu dienen, das sich entschlossen gegen die Schwächung der Bedürftigen stellt und jede Unterdrückung der Unterprivilegierten entschieden zurückweist. Ein solches Parlament ist nicht gleichzusetzen mit einem, das Unterdrückung unterstützt, das Diskriminierung begünstigt, das soziale Kluften vergrößert, das jenen hilft, die Menschen Leid zufügen, zum Beispiel den Mördern in Gaza. Das sind keine gleichwertigen Parlamente.
Daher haben wir – neben dem rechtlichen Gewicht und Maßstab, der allen Parlamenten innewohnt und sie auf eine hohe Stufe stellt – auch ein weiteres Kriterium und einen anderen Maßstab, nämlich das wahre Gewicht. Dieses ist an manchen Orten vorhanden und an anderen nicht. Wenn wir mit diesem Blick schauen, wird deutlich, welchen Stellenwert das Islamische Parlament im System der Islamischen Republik hat. Das ist es, was ich sagen möchte. Eure Stellung und euer Rang als Abgeordnete des Islamischen Parlaments im islamischen Iran ist – in dieser heutigen Welt, die wir beobachten – einzigartig. Ihr seid das Islamische Parlament. Imam [Chomeini], möge Gottes Wohlgefallen auf ihm sein, hat auf das Wort „islamisch“ besonderen Nachdruck gelegt. In der ersten Legislaturperiode, als wir selbst Abgeordnete waren, haben einige bereits damals etwas anderes gesagt, doch der Imam sagte: Nein, es heißt „Islamisches Parlament“.
Deshalb ist der Rang des Islamischen Parlaments sehr hoch. Das heißt, im Vergleich zwischen diesem Parlament und anderen Parlamenten, die man heute in der Welt sieht, dürfen wir nicht gleichgültig gegenüber den Vorzügen sein, die dieses Parlament in unserem Land besitzt. Seit Beginn der Revolution bis heute hatte dieses Parlament unterschiedliche Ausprägungen und politische Strömungen, das steht außer Frage. Nicht alle Legislaturperioden waren gleich, aber wenn man das Ganze betrachtet, unterscheidet sich dieses Parlament von den anderen. Es ist ein herausragendes Parlament, ein besonderes Parlament. Der Respekt, den wir dem Islamischen Parlament entgegenbringen, rührt daher, dass es neben dem rechtlichen auch ein tatsächliches, ein wahres Gewicht besitzt. Der Respekt, den wir dem Abgeordneten entgegenbringen, kommt daher, dass er Teil dieser wertvollen und ehrenvollen Institution ist. Deshalb wurde auch vom Imam [Chomeini], möge Gottes Wohlgefallen auf ihm sein, überliefert, dass das Parlament „der Ausdruck der Tugenden des Volkes“ sei. Das heißt, im wahrsten Sinne des Wortes: Ein Parlament, das so heranreift, das diesen Ursprung hat, gilt selbstverständlich als der Ausdruck der Tugenden eines Volkes und sein Wert ist ein äußerst hoher und edler.
Aus meiner Sicht erscheint es so: Wenn wir auf die darin enthaltenen Bedingungen und den wahren Inhalt dieses Parlaments blicken, dann ist das Parlament ein Ort des Gottesdienstes. Dieses Parlament von euch ist eine Moschee [Masdschid] und zwar im wahrsten Sinne des Wortes ein Ort des Gottesdienstes. Ihr, die ihr hier sitzt, nachdenkt, euch Mühe gebt, arbeitet, genau das tut, was nun Herr Dr. Qalibaf dargestellt hat – ihr verfolgt die Angelegenheiten, ihr gebt gute Gesetze und so weiter –, jede einzelne dieser Handlungen ist ein Akt des Gottesdienstes. Daher wird das Parlament zur Moschee, und es ist ein Beispiel für den Vers:
لَّمَسْجِدٌ أُسِّسَ عَلَى التَّقْوَىٰ مِنْ أَوَّلِ يَوْمٍ أَحَقُّ أَن تَقُومَ فِيهِ فِيهِ رِجَالٌ يُحِبُّونَ أَن يَتَطَهَّرُوا
„Eine Niederwerfungsstätte [Masdschid], die vom Ersten Tag an gegründet worden ist auf der Gottesehrfurcht, hat Anrecht, dass du darin stehest. Darin sind Männer, die lieben es, dass sie rein werden.“ [Heiliger Quran, 9:108].
Das ist ein Ausdruck dieses Verses. Darin liegt die Bedeutung des Islamischen Parlaments. Ich selbst betrachte das Parlament aus dieser Perspektive und erkenne es in diesem Sinn.
Die Natur des Parlaments in der Islamischen Republik ist eine edle Natur, eine reine Natur, und unter den gesetzgebenden Parlamenten der Welt ist sie einzigartig. Das ist unsere Sichtweise. Allerdings gibt es hier einen Punkt, und dieser Punkt ist, dass wir diese Natur in den verschiedenen Erscheinungsformen des Parlaments bewahren und erhalten müssen. Das heißt, weil beschlossen wurde, dass es „gegründet worden ist auf der Gottesehrfurcht“, müssen wir die Gottesehrfurcht im Parlament bewahren. Es wurde beschlossen, dass es ein Ort des Dienstes sein soll, und im Dienst ist Aufrichtigkeit notwendig, also müssen wir die Aufrichtigkeit bewahren. Ich habe dazu einige Punkte notiert, die ich darlegen werde. Es muss so sein, es muss bewahrt werden, das heißt, die Würde des Islamischen Beratungsparlaments, mit der Beschreibung, die wir gegeben haben, ist keine Sache, die von sich aus Bestand und Dauer hat. Man muss sie bewahren, man muss sie auf diese Weise erhalten, man muss sie auf diese Weise führen, sonst wird es wie bei Barsisa dem Anbeter (Ambrosio), der irgendwann von seiner Stufe des Gottesdienstes herabstieg:
فَمَثَلُهُ كَمَثَلِ الْكَلْبِ إِن تَحْمِلْ عَلَيْهِ يَلْهَثْ أَوْ تَتْرُكْهُ يَلْهَث
„So ist sein Gleichnis wie Gleichnis des Hundes: Falls du ihn trägst, hechelt er, oder verlässt du ihn, hechelt er. “ [Heiliger Quran, 7:176]
Ihr müsst es bewahren, ihr müsst es erhalten.
Wer soll es bewahren? Ihr! Ihr müsst es bewahren, die Abgeordneten selbst müssen diese Würde wahren. Wir von außen müssen dem Parlament Respekt erweisen – und natürlich tun wir das, so Gott will; alle müssen dem Parlament Respekt erweisen – aber wer soll im Inneren des Parlaments diese Wahrheit, diese Natur, diese Würde, diese Reinheit, die in der Islamischen Beratungsversammlung existiert, bewahren? Der im Parlament anwesende Abgeordnete. Sie sind es. Daher ist euer Verhalten sehr wichtig, euer Umgang ist sehr wichtig. Deshalb gibt es für das Parlament einige Gebote und Verbote. Nun, in all diesen vergangenen Jahren, bei jedem Parlament, das gebildet wurde, habe ich ein paar Worte, ein paar Zeilen, ein paar Seiten als Vorschlag und als Meinungsäußerung dargelegt, die euch zur Verfügung stehen. Es gibt Gebote und Verbote, die beachtet werden müssen, Dinge, die auch ihr selbst gesagt habt, andere gesagt haben, und ich habe jetzt auch einige Punkte notiert, die ich darlegen werde.
Der erste Punkt dieser Gebote und Verbote ist, dass der Abgeordnete sich selbst als rechenschaftspflichtig ansehen muss. Gegenüber wem? Gegenüber Gott und gegenüber dem Gesetz. Das heißt, bei jeder Handlung, die ihr unternehmen wollt, sollt ihr das Gefühl haben, dass es ein Urteil geben wird, das euch dazu befragen wird. Ihr müsst euch als rechenschaftspflichtig ansehen. Was ist die Voraussetzung dafür, sich rechenschaftspflichtig zu fühlen? Dass bei den Tätigkeiten im Parlament, bei der Stimme, die ihr zu einem bestimmten Gesetz abgebt, bei der Stimme, die ihr zu einem bestimmten Gesetz nicht abgebt, bei diesem Abstimmen oder Nicht-Abstimmen keine persönlichen Absichten eine Rolle spielen. Schaut wirklich genau hin, mit Urteilsvermögen, mit Sorgfalt, seht, was das Richtige ist, was Gott, den Erhabenen, zufriedenstellt, und stimmt entsprechend ab. Persönliche Motive sollen keine Rolle spielen. Die erste Voraussetzung dafür, rechenschaftspflichtig zu sein, ist, dass der Mensch persönliche Absichten und Ziele nicht einfließen lässt. Beschrieben mit einem Ausdruck, der heutzutage üblich ist und offenbar einem westlichen Ausdruck entnommen ist: „Interessenkonflikt“. Unterwerft euch nicht dem „Interessenkonflikt“.
Ein weiterer Punkt ist, dass der Abgeordnete sich der Wirkung seiner Worte, seiner Handlungen und seiner Entscheidungen auf den öffentlichen Raum des Landes bewusst sein muss. Bevor ihr Abgeordneter wurdet, wart ihr vielleicht Lehrer, Arzt, Händler, Geistlicher. Nehmen wir an, ihr wart mit verschiedenen Tätigkeiten beschäftigt – ihr konntet vielleicht eine Meinung äußern und etwas sagen, das anschließend nicht so viel Widerhall hatte, nicht so viel Einfluss. Aber sobald ihr euch auf dieser Kanzel befindet – der Kanzel des Parlaments – hat euer Wort Einfluss. Manche Leute ziehen aus euren Worten eine bestimmte Deutung – nicht alle sind gottesehrfürchtig und rechtschaffen. Manche sind ohne Gottesehrfurcht und sie nutzen eure Aussage in ihrem eigenen Sinne aus, auf eine schädliche Weise: zum Schaden des Landes, zum Schaden des Systems, zum Schaden der Regierung, zum Schaden der nationalen Interessen. Man muss beim Reden achtsam sein.
Das Wort und die Rede, die ihr auf der Kanzel des Parlaments äußert, sollen in der Gesellschaft Hoffnung und Ruhe schaffen. Natürlich hat das Parlament erfreulicherweise seit einiger Zeit diesen Zustand. Früher, in einer gewissen Phase, wenn man das Mikrofon des Parlaments einschaltete, ging daraus Streit und Konflikt und Ähnliches hervor. Jetzt, Gott sei Dank, ist das nicht so, das Parlament ist nicht konfliktverursachend und vermittelt in großem Maße wirklich Ruhe. Das ist wichtig. Das, was im Parlament gesagt wird und aus dem Mund des Abgeordneten hervorgeht, soll ein Zeichen der Rationalität des Parlaments sein, zeigen, dass durchdacht gearbeitet und gesprochen wird. Der Zuhörer soll diesen Eindruck bekommen. Das hat eine große Wirkung. Es soll die Bindung an die Prinzipien der Revolution zeigen. Es sollte uns nicht beeinflussen, ob es Zaid oder Amr [Musternamen] gefällt, die in irgendeiner Ecke der Welt in ihren Häusern sitzen. Nein, wir haben Prinzipien, wir haben Ideale, wir haben festgeschriebene Pflichten, und die Bindung an diese soll in den Äußerungen der geehrten Abgeordneten erkennbar sein.
Es soll ein Zeichen von Entschlossenheit und Stärke sein, besonders im außenpolitischen Raum. Das heißt, ihr müsst so sprechen, dass es ein Zeichen von Entschlossenheit ist, ein Zeichen von Stärke, ein Zeichen dafür, dass das Volk – dessen Vertreter ihr seid – entschlossen ist, Willenskraft besitzt, dass der nationale Wille ein fester Wille ist, dass es über Stärke verfügt. Das ist auch keine Unwahrheit, die Realität der Sache ist genau das. Unser Volk ist wirklich ein entschlossenes, es ist eine entschiedene Nation. Welches Volk kennt ihr, das sich gegenüber Mächten wie denen, die heute in der Welt Unsinn reden, sich aufdrängen und anderen Befehle erteilen, behauptet, die Brust entgegenstreckt und seine Meinung fest, klar und deutlich äußert? Abgesehen von unserem Volk gibt es wenige Völker, die so sind. Die Europäer haben bei einigen Dingen gezittert, unser Volk nicht. Unser Volk steht fest zu seinen Positionen. So viel Propaganda wurde gegen Imam [Chomeini] gemacht, und wird ständig gemacht, doch am Todestag des Imams seht ihr, was die Menschen nach nun über vierzig Jahren tun! So viel wurde gegen die Revolution geredet, aber am 22. Bahman, bei Kälte und unter solchen Umständen, seht ihr, wie und in welchem Zustand die Menschen auf die Straßen kommen! Das ist ein Zeichen von Stärke, ein Zeichen eines starken Willens. Das muss widergespiegelt werden. Das muss in euren Aussagen, in euren Handlungen, in euren Entscheidungen, in eurer Annahme oder Ablehnung von Gesetzen oder von Personen sichtbar sein. Natürlich sehe ich in beträchtlichem Umfang die Auswirkungen dieser Eigenschaften im Parlament. Bis zu dem Maß, an dem ich Informationen erhalten habe, ist es Gott sei Dank gut. Baut darauf auf, das sind wichtige Angelegenheiten.
Eine weitere Notwendigkeit ist die Frage der nationalen Geschlossenheit. Nationale Geschlossenheit ist heute notwendiger als je zuvor. Sie war immer notwendig, aber heute mehr denn je. Streit, scharfer Konflikt, ist immer schädlich – selbst wenn wir annehmen, dass dieser Streit nicht aus persönlichen Gründen geführt wird –, aber wenn wir unsere geschmacklichen, politischen, fachlichen und ähnlichen Differenzen in Form von Streit und Konflikt führen, ist das immer schädlich, und heute ist es schädlicher denn je zuvor. Ich habe wiederholt gesagt, dass aus dem Land in grundlegenden Fragen eine einheitliche Stimme hervorgehen muss, sie müssen eine Hand sein. Unser Volk und unser gesamtes System, unser politisches System, die Führungsebene des Landes müssen eine Hand sein. Die Voraussetzung dafür ist auch gegeben. Glücklicherweise haben die Leiter der Gewalten eine gute Kooperation miteinander. Ich habe in manchen Regierungen darauf bestanden und betont, dass sie Sitzungen miteinander abhalten, sich zusammensetzen und ihre Probleme gemeinsam lösen sollen. Statt am Mikrofon gegeneinander zu reden, sollen sie in privaten Sitzungen miteinander sprechen – das fiel ihnen schwer. Aber jetzt, Gott sei Dank, setzt ihr euch zusammen, sprecht miteinander, bringt eure Probleme vor, wollt die Schwierigkeiten gemeinsam lösen. In dieser Hinsicht ist die Voraussetzung jetzt gegeben, und es gibt Gott sei Dank eine gewisse Annäherung zwischen den Gewalten. Das soll bewahrt werden. Das soll bewahrt werden, es soll keine Frontenbildung geben, und es soll nicht so sein, dass das Mikrofon des Parlaments den Konflikt zeigt – was Gott sei Dank auch nicht der Fall ist. Das sind nun im Grunde die allgemeinen Ratschläge und Anmerkungen von uns. Es gibt auch einige konkrete, beispielhafte Dinge, von denen ich drei, vier Punkte notiert habe, die ich vorbringen werde.
Ein Thema ist der „Siebte Entwicklungsplan“. Der Beginn des Siebten Entwicklungsplans fiel ungefähr mit dem Beginn dieses Parlaments zusammen. Das ist eine Chance. Was die vorherigen Pläne betrifft, nun, so ist das der siebte Plan. Was heißt das? Das heißt, davor hatten wir bereits sechs Entwicklungspläne – wobei höchstens etwa 35 Prozent verwirklicht wurden. Was bedeutet das? Das bedeutet, dass die Planer – von der Regierung, vom Parlament, denn die Pläne werden ja vom Parlament verabschiedet – sich stundenlang zusammensetzen, so viel personelle und finanzielle Ressourcen aufgewendet werden, ein Plan entsteht, und dann wird dieses Programm nicht umgesetzt! Ihr nehmt ein Taxi, zahlt viel Geld, lasst euch zum Arzt bringen, wartet dort eine oder zwei Stunden, bis ihr an der Reihe seid, dann geht ihr zum Arzt, der schreibt euch ein Rezept, und ihr kommt raus, zerreißt das Rezept und werft es weg! Wie vernünftig ist das? Wir dürfen es nicht so machen, dass ein Programm nur zu 35 Prozent umgesetzt wird, das Programm muss zu 100 Prozent umgesetzt werden. Wenn es dann zum Beispiel ein wenig Nachlässigkeit gibt – was in der Regel vorkommt – sollen es 95 oder 90 Prozent sein, aber das Programm muss umgesetzt werden. Ihr müsst es verfolgen. Nun, das war auch in den Ausführungen von Herrn Qalibaf enthalten, aber es muss wirklich mit Entschlossenheit gehandelt werden. Ein Plan ist ein Plan, es braucht Gesetzgebung. Die Umsetzung jedes einzelnen Abschnitts des Planes erfordert Gesetze. Schaut, wo immer ihr zur Umsetzung des Planes Gesetze braucht oder wo sie fehlen, soll die Gesetzgebung in richtiger Weise, so Gott will, erfolgen. Das ist ein Thema.
Das zweite Thema ist das Thema der Rechtsbereinigung [Gesamtheit der Maßnahmen und Prozesse, bestehend aus der Sammlung, Klassifizierung und Überarbeitung der Gesetze]. Ich habe wiederholt über die Frage der Rechtsbereinigung gesprochen. Oft habe ich darüber gesprochen. Auch jetzt haben draußen die Herren – Herr Qalibaf und seine Kollegen – uns eine Seite gezeigt, über die Arbeiten, die zur Bereinigung von Gesetzen im Gange sind. Unter anderem haben sie zum Beispiel ungültige Gesetze im Bereich „Umwelt“ extrahiert und notiert. Sie haben ungültige Gesetze in mehreren Bereichen herausgezogen. Nun wollen sie auch künstliche Intelligenz, elektronische Mittel und ähnliche Dinge einsetzen, um diese Arbeit voranzubringen. Sie haben es mir erklärt. Ich habe den Brüdern, die das dort erläuterten, gesagt, dass all dies nur Vorbereitungen sind. Das sind alles Vorbereitungen für die Rechtsbereinigung, das ist noch nicht die Rechtsbereinigung selbst. Wenn ihr diese Vorbereitungen richtig einsetzt und in das Herz der Sache eindringt, dann wird es zu einer Rechtsbereinigung.
Ein Bericht wurde mir vorgelegt – wobei Herr Qalibaf diesen Bericht in Frage stellt, er sagt, sie [die Schreiber des Berichts] seien wohl nicht informiert –, der sagt, dass von 50 vorgesehenen Themen für die Durchführung der Rechtsbereinigung nur ein Thema angenommen wurde, und 49 Themen noch offen sind! Das ist, was unser Bericht nun sagt, so Gott will, ist dieser Bericht falsch. Er [Qalibaf] ist der Meinung, dass dieser Bericht kein genauer Bericht ist. So Gott will, ist er nicht genau, aber wenn er korrekt sein sollte, dann ist das nicht in Ordnung. Die Rechtsbereinigung ist sehr wichtig, und die Vorteile, die er [Qalibaf] für die Rechtsbereinigung genannt hat, genau diese Vorteile hatten auch wir im Kopf, weshalb wir so viel Nachdruck auf diese Sache gelegt haben. Das war das zweite Thema.
Das dritte Thema ist die Anwesenheit der Abgeordneten. Ich habe einmal in einer Versammlung, in der Abgeordnete einer der früheren Legislaturperioden hier versammelt waren, einen Satz gesagt – den ich natürlich nicht in Bezug auf dieses Parlament sagen möchte –, aber zu ihnen sagte ich damals: Wenn ich die öffentliche Sitzung des Parlaments im Fernsehen sehe, schäme ich mich vor dem Volk, weil viele Sitze leer sind. Das ist wichtig. Die Anwesenheit im Plenum des Parlaments und in den Kommissionen ist notwendig. Das ist eine Notwendigkeit.
Die zweite Notwendigkeit ist die Vorbereitung. Das heißt, ihr sollt im Voraus studieren. Gott habe Herrn Aghtari selig! Als er Abgeordneter war, sagte er mir: Ich studiere – ich glaube, er sagte, ein paar Stunden – vor den Parlamentssitzungen. Er sagte, zu dem Gesetz, das heute besprochen werden soll, setze ich mich ein paar Stunden hin, lese es, prüfe es von verschiedenen Seiten oder bespreche es gegebenenfalls mit einem Fachmann. So muss es sein. Das heißt, das Parlament ist eine grundlegende Arbeit. Es ist nicht so, dass es eine Nebenaufgabe neben anderen Aufgaben ist. Nein, die Hauptaufgabe des Abgeordneten in diesen vier Jahren ist genau das. Das ist die Hauptarbeit. Man muss mit voller Vorbereitung und mit Studium an die Kommissionen und an das Plenum des Parlaments herantreten. Auch das ist eine Empfehlung.
Eine weitere Empfehlung betrifft die Zusammenarbeit mit der Regierung. Nun, Zusammenarbeit ist ein weites Feld und hat eine große Bandbreite. Eine Form der Zusammenarbeit mit der Regierung ist, dass man die Regierungsverantwortlichen nicht durch die Vervielfachung von Anfragen und die häufige Vorladung ins Parlament beschäftigen sollte. Die Regierungsvertreter – nicht nur in dieser Regierung, natürlich hat sich auch diese Regierung bei mir beschwert, aber die früheren Regierungen noch viel mehr – haben uns Statistiken vorgelegt, dass in diesem Zeitraum eine bestimmte Anzahl an Anfragen gestellt wurde. Eine sehr hohe Zahl. Dabei sind all diese Fragen nicht notwendig, all diese Vorladungen sind nicht notwendig. Wenn wir zum Beispiel einen Minister in die Kommission vorladen, wird seine Zeit – zwei Stunden, drei Stunden, noch mehr – beansprucht. Reduziert diese Dinge ein wenig. Das heißt, ein Beispiel für Zusammenarbeit mit der Regierung ist dies. Beschränkt diese Dinge auf ein Mindestmaß.
Oder diese Untersuchungen und Nachforschungen, die manchmal durchgeführt werden, die unter dem Titel parlamentarische Aufsicht laufen. Das heißt, das Parlament hat wirklich und zu Recht das Recht auf Untersuchung und Nachforschung, aber wo, mit welchem Ansatz und aus welcher Motivation heraus? Manchmal ist es so, dass eine offizielle, glaubwürdige Quelle uns einen Bericht über eine Behörde gibt, sodass wir gezwungen sind, eine Untersuchung und Nachforschung einzuleiten. Manchmal aber auch nicht. Da ist die Quelle nicht so glaubwürdig, ein Bericht ist von irgendwoher eingegangen. In einem solchen Fall geraten sowohl das Parlament als auch die betreffende Behörde in Schwierigkeiten. Deshalb ist eine weitere Empfehlung von uns, dass diese Untersuchungen, Nachforschungen, Anfragen, Vorladungen und Ähnliches so weit wie möglich auf das notwendige Maß reduziert werden. Natürlich erkenne ich dieses Recht des Parlaments in aller Deutlichkeit an, aber eben im notwendigen Rahmen. Es soll nicht über das notwendige Maß hinausgehen.
Ein weiteres Thema ist das Thema der wirtschaftlichen Gesetzentwürfe, worauf ich das Parlament schon mehrfach hingewiesen habe. Das Eingreifen in wirtschaftliche Gesetzentwürfe sollte begrenzt sein. Man sollte nicht zu viel daran herumbasteln. Ein wirtschaftlicher Gesetzentwurf hat einen Anfang, ein Ende, eine Gesamtheit, eine Struktur, eine Gestalt – wenn ihr zu viel daran verändert und diese Gestalt zerstört wird, verliert er seine Wirkung. Wenn es dann zur Umsetzung kommt, bringt es kein Ergebnis, und die Verantwortlichkeiten werden verwischt. Die Regierung sagt dann: Wenn das Parlament mir den Entwurf, den ich eingereicht hatte, zurückgegeben und so verabschiedet hätte, wie ich ihn vorgeschlagen hatte, hätte es die Wirkung erzielt. Die Verantwortung wird dem Parlament zugeschoben, und das Parlament wiederum antwortet auf eine andere Weise! So geht das nicht. Meiner Meinung nach sollte, so weit es möglich ist, in wirtschaftlichen Gesetzentwürfen so wenig wie möglich verändert werden.
Auch in Bezug auf den Haushalt sagen nun die geehrten Regierungsverantwortlichen, dass sie den Haushalt für das kommende Jahr operativ gestalten wollen. Auch früher wurde wiederholt von einem „operativen Haushalt“ gesprochen. Sie sagten sogar, der Haushalt, den wir aufgestellt haben, sei operativ – aber dann stellte sich heraus: nein, er ist nicht operativ, sondern kostenbasiert. Ein „operativer Haushalt“ bedeutet: Kosten-Nutzen – in dem Maße, wie Kosten entstehen, soll es im Gegenzug Handlung und Nutzen geben. Das ist ein operativer Haushalt. Nun, wenn die Regierung den Haushalt aufstellt und ihn dem Parlament übergibt, soll die Struktur des Haushalts erhalten bleiben. Das heißt nicht, dass er unberührt bleiben soll – doch, natürlich gibt es Stellen, an denen das Parlament Einwände hat, und es hat auch das Recht dazu, es muss korrigieren – aber die Struktur und das Gesamtkonzept des Haushalts sollen nicht verändert werden.
Zweitens: Es sollen keine unrealistischen Einnahmequellen in den Haushalt aufgenommen werden. Das war eines unserer Probleme. Die Ausgaben sind meist realistisch, die Ausgaben werden in der Regel nicht überschritten, aber die Einnahmequellen und Einkünfte sind oft unrealistisch. In den Haushalten der vergangenen Jahre sehen wir das: Die Regierung soll aus dem Verkauf von Soundso viel Einnahmen haben! Dabei ist ein solcher Verkauf weder möglich, noch existiert er. In den Haushalten sollen die Einnahmequellen realistisch sein. Das ist auch eine weitere Empfehlung, die wir vorgebracht haben.
Der letzte Punkt, den ich auch selbst schon gesagt habe – und der auch zuvor oft erwähnt wurde –, ist, dass das Parlament einen revolutionären Kurs haben muss. Das Parlament ist das Parlament der Revolution, es muss einen revolutionären Kurs verfolgen. Allerdings: Seid bei der Auffassung von „Revolutionärität“ achtsam, damit kein Fehler geschieht. Revolutionär zu sein bedeutet nicht bloß Lärm machen [Zuhörer rufen Parolen beginnend mit „Allahu Akbar“]. Revolutionarität heißt, sich in Richtung der Ideale zu bewegen. Das ist die erste Grundlage von Revolutionarität – nämlich dass wir nicht vergessen, wofür die Revolution gemacht wurde. Viele von euch jungen Leuten – und Gott sei Dank ist das Parlament auch ein relativ junges Parlament – waren zur Zeit der Revolution nicht da, wart nicht in der Zeit des Kampfes, habt die Bewegung nicht gesehen. Was waren die Ziele der Bewegung? Nun, wenn man in den Aussagen des Imam [Chomeini] schaut, wird es klar. Wenn man sich die Parolen der Revolution anschaut, wird es klar. Wenn man sich die Ideale ansieht, die für die Revolution genannt wurden, wird es klar. Es darf keine Abweichung von den Idealen der Revolution geschehen. Das ist die erste Grundlage der Revolutionarität. Dann auch der Mut, seine Meinung zu äußern. Das ist Revolutionarität – das heißt, dass man seine Meinung klar äußert, mit Klarheit, mit richtiger Ausdrucksweise, respektvoll.
Einer der Grundpfeiler der Revolutionarität ist, dass in arbeitsbezogenen Überlegungen persönliche Absichten absolut beiseitegelegt werden. Zum Beispiel: Angenommen, jemand mag eine Person aufgrund von Verhalten oder politischer Ausrichtung, und eine andere Person mag er nicht – solche Dinge müssen wir beiseitelegen. In den Überlegungen, die zur Ausführung einer Arbeit angestellt werden, sollen persönliche Angelegenheiten, persönliche Neigungen, Vorlieben und Ähnliches ausgeschlossen werden. Das ist Revolutionarität.
Dann auch Gott im Blick zu haben, sich selbst in der Gegenwart Gottes zu sehen. Der Imam [Chomeini] möge Gottes Wohlgefallen auf ihm sein, sagte mit eben diesem kurzen Ausdruck: „Die Welt ist der Ort der göttlichen Gegenwart [Mahzar]“. „Mahzar“ bedeutet der Ort der Anwesenheit. Die ganze Welt der Existenz ist der Ort der Anwesenheit Gottes, des Erhabenen. Jetzt, wo ich und du sprechen, sprechen wir in der göttlichen Gegenwart. Wir sollen wissen, was wir sagen, wir sollen Gottes Zufriedenheit im Blick haben, wir sollen das im Blick haben, was Gott, der Erhabene, von uns will und was seine Zufriedenheit bewirkt. Das ist Revolutionarität.
Dann auch: In den Positionen der Revolution entschlossen, mutig und klar sprechen, sich äußern, Entscheidungen treffen. An irgendeinem Ort der Welt äußert ein Unvernünftiger eine Aussage, erhebt eine Anschuldigung gegen die Islamische Republik, die sich dann in der Welt verbreitet. Das Parlament soll hier geeint, stark und fest antworten. Manchmal ist es notwendig, dass die Gesamtheit der Abgeordneten antwortet. Manchmal ist es ein Abgeordneter, zwei Abgeordnete oder zum Beispiel – nehmen wir an – der zuständige Abgeordnete der politischen Kommission, der Stellung beziehen und antworten muss. Stellung beziehen und antworten, keine Rücksicht nehmen. Das ist Revolutionarität. Und dass die ehrenvolle Kanzel des Parlaments auf eine Weise genutzt wird, dass zum Beispiel – nehmen wir an – daraus Beleidigung und Ähnliches hervorgeht, das ist nicht wünschenswert.
Wie auch immer, wir bitten Gott, den Erhabenen, für euch alle um göttlichen Erfolg und Führung und hoffen, dass ihr für die Mühen, die ihr auf euch nehmt, belohnt werdet und dass Gott, der Erhabene, euch hilft, diese Amtszeit – so Gott will – auf die beste Weise zu Ende zu bringen, und dass ihr dort, wo ihr anwesend sein müsst, anwesend seid, und dass Gott, der Erhabene, euch allen ein langes, erfolgreiches und von Dienst begleitetes Leben – so Gott will – gewähren möge.
Und der Friede, die Gnade Allahs und sein Segen seien mit Euch.