Herstellung der Einheit ist unsere Pflicht

 

Am 21. September 2024 hielt Imam Chamenei bei einem Treffen, anlässlich des Geburtstages des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm und seiner Familie) und des geehrten Imam Dschafar Sadiq (Friede sei mit ihm) mit Geistlichen, Verantwortlichen und Botschaftern der islamischen Ländern und den Gästern der Einheits-Konferenz, eine Rede. Es folgt die sinngemäße Übersetzung der Rede aus dem persischen Original. Obwohl es für alle hier veröffentlichten Texte gilt, wird darauf verwiesen, dass die Übersetzung zu Dokumentationszwecken ohne jegliche Kommentierung erfolgt und die dargestellte Meinung nicht mit der Meinung der Herausgeber übereinstimmen muss.


Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Begnadenden

Aller Dank ist Allahs, des Herrn der Welten, und der Frieden und Segen seien mit unserem Meister und Propheten Abul Qasim al-Mustafa Muhammad und seiner reinen, fehlerlosen und auserwählten Familie und insbesondere mit dem Verbliebenen Allahs auf Erden (Baqiyyatullah, Imam Mahdi).

Ich heiße alle geehrten Brüder und Schwestern, die Gäste der Einheits-Woche, und die Vertreter der islamischen Länder hier in Teheran herzlich willkommen. Ich gratuliere Ihnen zum Geburtstag des erhabenen Propheten (Friede sei mit ihm und seiner Familie) und Imam Sadiq (Friede sei mit ihm). Möge der allmächtige Gott diesen Tag zum Festtag für das iranische Volk und die gesamte islamische Umma und die Muslime der Welt machen. Ich danke unserem geehrten Präsidenten [Dr. Masoud Pezeschkian], der das heutige Haupt- und wichtige Thema in seiner guten Rede angesprochen hat, nämlich das Thema der „islamischen Einheit“, auf das ich ebenfalls eingehen werde, so Gott will.

Der Geburtstag des Propheten (Friede sei mit ihm und seiner Familie) ist ein außergewöhnlicher Tag in der Geschichte. Der Grund dafür ist, dass die Geburt des edlen Propheten die notwendige und unumgängliche Voraussetzung für das endgültige Prophetentum ist, und das endgültige Prophetentum ist in der Tat die letzte und vollständige Version für das Glück und die Erhebung der Menschheit. Daher ist der Geburtstag ein äußerst wichtiger Tag.

Ich möchte einige Worte über die allgemeine Bewegung der Propheten sagen. Wenn wir die allgemeine Bewegung der Menschheitsgeschichte mit einer Karawane vergleichen, die sich auf einem Weg bewegt, und die Menschheit sich in dieser historischen Bewegung im Lauf der Zeit fortbewegt, dann sind die göttlichen Propheten zweifellos die Führer und Leiter dieser Karawane. Die göttlichen Propheten weisen nicht nur den Weg, sondern stärken auch in den Individuen die Fähigkeit der Orientierung und der Unterscheidung [zwischen Wahr- und Falschheit]. Es geht nicht nur darum, den Weg zu zeigen, sondern die Propheten erhöhen die Fähigkeit zur Erkenntnis in jedem einzelnen Individuum aus der Menschheit. Wie Imam Ali (Friede sei mit ihm) sagt: „So berief Er unter ihnen Gesandte und ließ Seine Propheten aufeinander folgen, damit sie die Verpflichtung Seiner Schöpfung erfüllen, (damit) sie (die Menschen) an Seine vergessenen Gnadengeschenke erinnern […] und ihnen die Zeichen der Allmacht (Allahs) zeigen mögen“ [Nahdsch ul-Balagha – Pfad der Eloquenz, 1. Predigt]. So handeln die Propheten mit den Menschen: Sie erwecken die menschliche Natur, aktivieren die Kraft des Denkens und ermöglichen es der Menschheit so, sich nach vorne zu bewegen. Natürlich haben die Menschen im Laufe der Zeit in bestimmten Phasen auf die Propheten gehört, sind den von ihnen gezeigten Wegen gefolgt und haben die Ergebnisse gesehen; in anderen Phasen dagegen, haben sie den Propheten widersprochen, nicht auf sie gehört, ihre Führung ignoriert und auch hier die schlechten Folgen und Ergebnisse gesehen. Diese verschiedenen Phasen in der Geschichte der Menschheit – manchmal haben sich einige anleiten und führen lassen, andere nicht – haben die Erscheinungsformen der Geschichte der Menschheit hervorgebracht, das heißt die Gegensätze, die Konfrontationen, das Recht und das Unrecht, die Überzeugung und das Abstreiten. Das ist das allgemeine Bild der Menschheitsgeschichte.

Die Propheten haben diese Führung, Fürsorge und Einladung der Menschheit auf verschiedene Weisen ausgeübt. Der Quran hat all diese Methoden in verschiedenen Teilen dargelegt. Ich möchte einige davon erwähnen. An einer Stelle heißt es: 

وَمَا عَلَيْنَا إِلَّا الْبَلَاغُ الْمُبِينُ

„Und uns obliegt lediglich die deutliche Verkündigung.“ [Heiliger Quran, 36:17]. Es heißt, der Prophet hat nur die Aufgabe zu „verkünden“, nichts weiter. „Und uns obliegt lediglich…“, in einer bestimmten Situation ist es so. Aber in einer anderen Situation heißt es: 

وَمَا أَرْسَلْنَا مِن رَّسُولٍ إِلَّا لِيُطَاعَ بِإِذْنِ اللَّهِ

„Und nicht haben wir (jemanden) als Gesandten entsandt, außer damit ihm gehorcht werden würde mit Erlaubnis Allahs.“ [Heiliger Quran, 4:64]. Hier muss also „gehorsam“ praktiziert werden. Das heißt, sie müssen eine politische Struktur aufbauen, die Gesellschaft in Bewegung setzen, und sind verpflichtet, zuzuhören, ihm zu gehorchen, und so weiter. An einer Stelle heißt es: 

ادْعُ إِلَىٰ سَبِيلِ رَبِّكَ بِالْحِكْمَةِ وَالْمَوْعِظَةِ الْحَسَنَةِ

„Rufe zum Weg deines Herrn mit dem Urteilsvermögen und der Ermahnung der Wohltat.“ [Heiliger Quran, 16:125]. Die Methode der Einladung ist so. An einer anderen Stelle heißt es:

وَكَأَيِّن مِّن نَّبِيٍّ قَاتَلَ مَعَهُ رِبِّيُّونَ كَثِيرٌ فَمَا وَهَنُوا لِمَا أَصَابَهُمْ فِي سَبِيلِ اللَّهِ

„Und wie viele unter Propheten haben gekämpft (gegen Feinde), mit ihnen vielen Theologen? So sind sie nicht entkräftet worden, für das, was auf Allahs Weg bei ihnen eingetroffen ist“ [Heiliger Quran, 3:146]. An einer Stelle ist es mit schöner Sprache, an einer anderen mit militärischer Macht – es hängt von den Bedingungen ab. Oder an einer Stelle heißt es: 

 فَبِمَا رَحْمَةٍ مِّنَ اللَّهِ لِنتَ لَهُمْ ۖ  وَلَوْ كُنتَ فَظًّا غَلِيظَ الْقَلْبِ لَانفَضُّوا مِنْ حَوْلِكَ

„So für das, was Gnade von Allah ist, bist du für sie erweicht. Und wärst du gewesen (mit) Schroffheit in Strenge des Herzens, gewiss hätten sie sich um dich herum verstreut.“ [Heiliger Quran, 3:159]. Der Ausdruck „Schroffheit“ wird hier verwendet und die „Strenge des Herzens“. Wäre es so gewesen, hättest du diese Bewegung nicht durchführen können. An einer anderen Stelle heißt es: 

يَا أَيُّهَا النَّبِيُّ جَاهِدِ الْكُفَّارَ وَالْمُنَافِقِينَ وَاغْلُظْ عَلَيْهِمْ

„O du der Prophet! Strenge dich an gegen die Abstreiter und die Heuchler, und sei ihnen gegenüber streng.“ [Heiliger Quran, 9:73]. Auch hier wird „Strenge“ und Härte empfohlen. Die Methode der Einladung ist also nicht immer gleich. Die Methode der Einladung der Propheten unterscheidet sich je nach verschiedenen Bedingungen, zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten. Wenn wir also sagen, dass sie den Verstand der Menschheit erhöhen sollen, bedeutet dies, dass sie in jeder Zeit sehen müssen, wie sie diese Einladung verbreiten und vorantreiben können.

Nun, was wir besprochen haben, ist eine Beschreibung. In dieser großen Karawane der Menschheitsgeschichte haben wir gesagt, dass die Propheten die Karawanenführer sind und unter diesen Reihen der Anführer und Führer der Karawanen ist der wahre und endgültige Führer zweifellos der edle Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm und seiner Familie). Wie es der große Mystiker sagt:

„Auf diesem Weg sind die Propheten wie Kamelhalter,

Sie sind die Führer der Karawane.

Unter ihnen wurde unser Herr zum Anführer,

Er ist der Erste und der Letzte in dieser Angelegenheit.“ [Scheich Mahmoud Schabestari, „Gulshan-e-Raz“ (Der Rosengarten des Geheimnisses)].

Er ist der „Erste“, da er an der Spitze der göttlichen Propheten steht. Er ist der „Letzte“, da er das vollkommenste und endgültigste Programm Gottes der Menschheit anbietet.

Nun, der Geburtstag des Propheten ist natürlich der Tag des Aufgangs dieser Sonne, der Tag der Enthüllung dieses einzigartigen Juwels der Existenz. Daher ist es ein großer und wichtiger Tag. Wir sollten den Geburtstag des Propheten nicht unterschätzen. Wir sollten aus ihm lernen. Bloßes Lob und Bewunderung genügen nicht. Die Lehren des Propheten sind vollständige, umfassende und ganzheitliche Lehren für das gesamte Leben. Jeder Teil davon kann reichlich erklärt und beschrieben werden.

Einer dieser Lehren und Einladungen des Propheten – und vielleicht eine der größten prophetischen Lehren für uns – ist, wie ich sagen möchte: „Umma-Bildung“, die Schaffung einer „islamischen Umma“. Die 13-jährige Zeit des Kampfes in Mekka führte zur Auswanderung [hidschra], die den Grundstein für die islamische Umma legte. Die islamische Umma begann mit der Auswanderung; sie setzte sich mit den Schwierigkeiten und Härten des Lebens der Leute von Suffa [Eine Gruppe von Gefährten des Propheten, die nach der Auswanderung von Mekka nach Medina noch kein eigenes Zuhause, keine Unterkunft oder Lebensgrundlage hatten und auf der Plattform der Moschee – genannt „Suffa“ – lebten und dort ihr Dasein fristeten] und den Menschen von Medina – den Auswanderern auf der einen Seite und den Helfern auf der anderen – fort. Die islamische Umma wurde durch die Anstrengungen, Kämpfe und Opferbereitschaft gefestigt und mit diesen Opfern während des gesegneten Lebens des Propheten und den Opfern und Hingaben nach seinem Tod blieb diese Umma bestehen. Natürlich hätte sie besser geführt werden können, aber die islamische Umma, die der Prophet in Medina mit einer begrenzten Gemeinschaft gegründet hatte, blieb bestehen. Wir brauchen heute diese Lehre. Wir haben heute keine islamische Umma. Es gibt viele islamische Länder, fast zwei Milliarden Muslime leben in der Welt, aber der Begriff „Umma“ kann nicht auf diese Gemeinschaft angewendet werden, weil sie nicht einheitlich sind, weil sie nicht in dieselbe Richtung gehen.

Eine Umma ist eine Gruppe von Menschen, die sich in dieselbe Richtung bewegen, ein gemeinsames Ziel verfolgen und von einem einheitlichen Antrieb angetrieben werden. Bei uns ist das nicht der Fall – wir sind verstreut. Das Ergebnis dieser Zersplitterung ist die Herrschaft der Feinde des Islam. Diese Zersplitterung führt dazu, dass einige islamische Länder das Gefühl haben, um überleben zu können, müssten sie sich auf die USA verlassen. Wären wir nicht gespalten, gäbe es dieses Bedürfnis nicht. Wir könnten uns gegenseitig unterstützen, unsere Ressourcen gemeinsam nutzen und eine Einheit bilden, die stärker wäre als alle heutigen Großmächte. Tatsächlich gab es eine Zeit, in der dies der Fall war – trotz aller Probleme und Kritikpunkte, die damals existierten, waren wir mächtig, weil wir eins waren. Heute sind wir jedoch nicht mehr so. Dies ist die größte Lehre, die wir heute ziehen sollten: Wir müssen uns einander annähern.

Wir benötigen heute die Bildung einer islamischen Umma, und wir sollten danach streben. Wer kann in diesem Bereich helfen? Die Regierungen können Einfluss nehmen, aber ihr Engagement ist oft nicht stark genug. Diejenigen, die dieses Engagement stärken können, sind die „Eliten“ der islamischen Welt, also Sie: Politiker, Gelehrte, Wissenschaftler, Akademiker, einflussreiche Denker, Dichter, Schriftsteller, politische und soziale Analysten. Sie alle können etwas bewirken. Stellen Sie sich vor, alle Medien der islamischen Welt würden zehn Jahre lang auf die Einheit der Muslime bestehen, Artikel schreiben, Dichter würden Gedichte verfassen, Analysten würden Analysen durchführen, Universitätsprofessoren würden dies erläutern, religiöse Gelehrte würden Urteile fällen – ohne Zweifel würde sich innerhalb dieser zehn Jahre die gesamte Situation vollständig ändern. Sobald die Nationen erwachen und sich für diese Einheit begeistern, sind die Regierungen gezwungen, in diese Richtung zu handeln. Die einflussreichen Menschen können dies bewirken. Es ist unsere Pflicht.

Natürlich hat das, was ich hier sage – die Schaffung dieser Einheit und Bildung einer islamischen Umma – auch Feinde, und zwar die Feinde des Islam. Betrachten Sie das sorgfältig: Es sind nicht nur Feinde eines bestimmten Landes, sondern Feinde des gesamten Islam. Auch wenn sie sich scheinbar einem Teil oder Gruppe der Muslime annähern, um einen anderen Teil oder Gruppe zu zerstören, so sind sie doch in Wirklichkeit gegen den Islam als Ganzes. Diese Feinde wollen nicht, dass eine islamische Umma gebildet wird. Sie wollen nicht, dass diese Einheit entsteht. Sie aktivieren die religiösen Risse innerhalb der islamischen Welt.

Eine der problematischsten Bruchlinien in einer Gesellschaft ist die religiöse und ideologische Spaltung, ähnlich den Bruchlinien eines Erdbebens. Sobald diese Risse aktiviert werden, ist es sehr schwierig, sie wieder zu schließen. Die Kreuzzüge dauerten zweihundert Jahre und waren wahrhaftig Kriege, die auf religiösem Fanatismus beruhten. Unsere Feinde lassen diese Einheit nicht zu und wollen sie verhindern. Wir müssen die Absichten unserer Feinde überwinden. Aus diesem Grund hat unser verehrter Imam [Chomeini] bereits vor dem Sieg der Revolution immer wieder auf die Einheit der islamischen Welt sowie die Einheit zwischen Schiiten und Sunniten hingewiesen. Die Stärke der islamischen Welt beruht auf dieser Einheit, während die Feinde genau das Gegenteil wollen und aktiv daran arbeiten, diese Einheit zu verhindern. Das ist die Lehre, die wir heute aus dem Leben des Propheten ziehen können.

Wir selbst und die Menschen in unserem Land müssen jedoch auch verstehen, dass, wenn wir möchten, dass unsere Botschaft der Einheit in der Welt als aufrichtig wahrgenommen wird, wir diese Einheit zuerst in unserem eigenen Land schaffen müssen. Politische Meinungsverschiedenheiten, Differenzen und ideologische Spannungen dürfen nicht die Zusammenarbeit, Solidarität und den Zusammenhalt unserer Nation beeinträchtigen. Wir müssen uns auf unsere wahren Ziele konzentrieren. Wenn das gelingt, wird der Feind nicht in der Lage sein, einem verdorbenen und bösartigen Gebilde wie dem zionistischen Regime zu erlauben, solche Gräueltaten in der Region zu begehen. Schauen Sie, was das zionistische Regime heute tut! Sie begehen Verbrechen ohne Scham, ohne jegliche Heimlichkeit – in Gaza auf eine Art, im Westjordanland auf eine andere Art, im Libanon wieder anders und in Syrien auf eine weitere Art. Sie verüben Verbrechen im wahrsten Sinne des Wortes. Ihre Gegner sind nicht Krieger, sondern einfache Menschen. In Palästina konnten sie den Kämpfern keinen Schaden zufügen, also entluden sie ihre barbarische Wut auf unschuldige Kinder, Patienten in Krankenhäusern und Schüler in Schulen. Das geschieht, weil wir unsere eigene innere Stärke nicht nutzen. Wir müssen diese innere Kraft nutzen. Sie kann das zionistische Regime – dieses bösartige Krebsgeschwür – aus dem Herzen der islamischen Gemeinschaft, aus Palästina, entfernen und die arrogante Einmischung und Dominanz der USA in dieser Region beenden. Wir können das schaffen.

Der erste Schritt, um die Einheit in der islamischen Welt gegen diese kriminelle und terroristische Bande, die über Palästina herrscht und das Land zerstört hat, zu fördern, besteht heute darin, dass die islamischen Länder jegliche wirtschaftlichen Beziehungen zu diesem kriminellen Regime vollständig abbrechen. Das ist das Mindeste, was sie tun können, und es muss geschehen. Sie sollten die wirtschaftlichen Beziehungen beenden, die politischen Verbindungen schwächen und die mediale und publizistische Kritik intensivieren. Sie müssen deutlich zeigen, dass sie auf der Seite des unterdrückten palästinensischen Volkes stehen.

Wir hoffen, dass der Allmächtige Gott uns, die Regierungen, die Nationen, die Auserwählten und alle aktiven Gruppen leitet, damit wir diese Aufgabe erfüllen können.

Mögen Gottes Grüße, Gnade und Segen mit Euch sein.